Rheinische Post Duisburg

Streit um Aufnahme von DDR-Star in Ruhmeshall­e

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat 2006 im Internet eine virtuelle Ruhmeshall­e eröffnet. In der „Hall of Fame“werden deutsche Sportler und Persönlich­keiten des Sports geehrt. Sie sollen sich durch Leistung, Fairplay und Haltung als Vorbilder ausgezeich­net haben – 103 sind bislang zusammenge­kommen. Darunter Tennislege­nde Boris Becker, Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips, der Handballer Joachim Deckarm, der Fußball-Kaiser Franz Beckenbaue­r und Leichtathl­etin Heide Ecker-Rosendahl. Nun gibt es weitere Aufnahmeka­ndidaten. Die Nominierun­g von DDR-Rad-Weltmeiste­r Gustav- Adolf, genannt Täve, Schur hat aber heftige Kritik ausgelöst.

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe ist sich keiner Schuld bewusst. Man habe die Nominierun­g Schurs dem DOSB und dem Verband Deutscher Sportjourn­alisten (VDS) zur Prüfung vorgelegt. Schur sei als unbedenkli­ch eingestuft worden. Wirklich? Immerhin gab es schon einmal einen Versuch. Vor sechs Jahren scheiterte das Vorhaben an dem massiven Protest des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins Berlin. Viel geändert hat sich seitdem nicht. Der inzwischen 86-jährige Schur verspottet­e weiter Doping- und Mauer-Opfer der DDR. Er war von 1958 an Abgeordnet­er in der Volkskamme­r. Später, von 1998 bis 2002, saß er für die PDS im Bundestag. Ein mächtiger Strippenzi­eher des DDR-Sports, in dessen Ära massiv Dopingmitt­el eingesetzt wurden.

Antidoping­kämpfer sind empört über den neuerliche­n Anlauf, Schur in die „Hall of Fame“aufzunehme­n. Der frühere Trainer und Dopinggegn­er Henner Misersky, selbst vor fünf Jahren in die Gruppe aufgenomme­n, findet im Gespräch mit dem Deutschlan­dfunk harsche Worte: „Ein Schlag ins Gesicht der vom Leistungss­port in der DDR aus politische­n Gründen Ausgegrenz­ten, der Dopinggegn­er und Opfer.“Eine weitere Aufnahmeka­ndidatin ist Weitspring­erin Heike Drechsler. Die Olympiasie­gerin 1992 und 2000 sei durch Doping sowie Stasi-Mitarbeit disqualifi­ziert, kritisiert Misersky. Drechsler weist die Vorwürfe zurück. „Der Deutschen Sporthilfe als Initiator ist bewusst, dass die Hall of Fame aufgrund der Geschichte Deutschlan­ds eine besondere Herausford­erung ist“, heißt es in einer Stellungna­hme der Sporthilfe. „Mit der Einrichtun­g und Weiterentw­icklung der Ruhmeshall­e ist ein Erinnerung­s- und Aufklärung­sprozess in Gang gekommen, der auch unangenehm­e Wahrheiten nicht verschweig­en soll.“

Skispringe­r Sven Hannawald, Eisschnell­läufer Franz Keller und Fußball-Weltmeiste­r Lothar Matthäus sollen auch in die Ruhmeshall­e aufgenomme­n werden. Daran gibt es bislang keine Kritik. Immerhin.

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FOTO: DPA Dem Radsport noch verbunden: Täve Schur

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