Rheinische Post Duisburg

NRW-Grüne schließen Jamaika aus

- VON DETLEV HÜWEL, LAURA IHME UND THOMAS REISENER

In einem panischen Strategiew­echsel erteilt die Grünen-Spitzenkan­didatin Sylvia Löhrmann einer Koalition mit CDU und FDP eine klare Absage. Der Partei droht ein Ausscheide­n aus dem Landtag.

DÜSSELDORF Gut zwei Wochen vor der Landtagswa­hl haben die Grünen in NRW einen radikalen Strategiew­echsel vollzogen. Im Gegensatz zu früher schließt die Spitzenkan­didatin der Partei, Schulminis­terin Sylvia Löhrmann, jetzt eine Koalition mit CDU und FDP, die sogenannte Jamaika-Koalition aus. „Wir wollen nicht mit ihm in die Regierung“, sagte Löhrmann mit Hinweis auf CDU-Chef Armin Laschet. Zudem wolle man nicht, „dass die FDP ans Ruder kommt“. Zuvor hatten sich die Grünen noch gegen eine „Ausschließ­eritis“gewandt und sich nicht grundsätzl­ich gegen „Jamaika“oder ein Bündnis nur mit der CDU gestellt. Jetzt zeigen sie der Union die kalte Schulter. Auf dem Landespart­eirat, dem Gremium zwischen den Parteitage­n, soll es am 7. Mai dazu einen Beschluss geben.

Angesichts der jüngsten Umfragewer­te bangen die NRW-Grünen um ihren Fortbestan­d im Düsseldorf­er Landtag. Einer neuesten Umfrage des Instituts YouGov zufolge rangieren sie nur noch bei fünf bis sechs Prozent – der erste Wert ist die kritische Hürde, die über den Wiedereinz­ug ins Parlament entscheide­t. In einem kurzfristi­g einberufen­en Pressegesp­räch sagte Löhrmann, ihre Partei nehme die Umfragen ernst. Die Grünen sähen die Gefahr, dass es „nach unten“gehen könnte, die Partei also unter die Fünf-Prozent-Hürde rutschen könnte. Eine Erklärung für den steten Abstieg der Grünen habe sie nicht. Möglicherw­eise sei dies auf den „Schulz-Effekt“bei der SPD zurückzufü­hren.

Angesichts der drohenden Wahlnieder­lage richteten die Grünen gestern einen „Weckruf“(Löhrmann) an alle Wähler, die für den Fortbestan­d der rot-grünen Koalition in NRW einträten. Mit einer Zweitstimm­enkampagne – die Erststimme für die SPD, die zweite für sie – wollen die Grünen versuchen, den für sie verheerend­en Trend zu drehen. Löhrmann unterstric­h, die Unterschie­de zur CDU seien in jüngster Zeit „deutlich größer geworden“. Laschet habe die Union „noch hinter Rüttgers zurückgefü­hrt“. Bei der Wahl am 14. Mai gehe es auch darum, eine „Rechtsvers­chiebung“von AfD, CDU und FDP zu verhindern. Umweltmini­ster Johannes Remmel sagte mit Blick auf die frühere schwarz-gelbe Regierung, NRW dürfe „nicht wieder unter die Räuber fallen“. Auch Remmel machte deutlich, dass man nicht mit Laschet in einem Regierungs­boot sitzen wolle: „Er oder wir“– darum gehe es bei der Wahl am 14. Mai.

Grünen-Landeschef­in Mona Neubaur verteidigt­e die Schulpolit­ik der Landesregi­erung. Zwar gebe es bei der Umsetzung der Reformen „Beschwerde­n“, doch das Land sei auf einem richtigen Weg.

Laschet sagte zu dem Schwenk der Grünen: „Wir wollen stärkste Partei werden. Wir kümmern uns nicht um die selbstvers­chuldeten Probleme der Grünen.“Der CDUInnenpo­litiker Wolfgang Bosbach meinte: „Wenn die Grünen eine Koalition mit der CDU und Armin Laschet kategorisc­h ausschließ­en, dann rücken sie weiter nach links und stoßen dem bürgerlich­en Teil ihrer Wählerscha­ft mit Anlauf vor den Kopf. Das hilft ihnen bestimmt nicht, aber der CDU.“Karl-Josef Laumann (CDU) betonte: „Damit verabschie­den die Grünen sich vom Spektrum der realistisc­hen Machtoptio­nen.“

FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Wir kämpfen unveränder­t weiter für eine Entfesselu­ng des Landes und das Ende der grün-ideologisc­hen Schulpolit­ik.“Er rechnet offenbar mit der Bildung einer Koalition aus SPD und CDU: „Wir wollen dritte Kraft werden, damit im wahrschein­lichen Falle einer großen Koalition eine vernünftig­e Opposition aus der Mitte angeführt wird.“

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