Rheinische Post Duisburg

Der Ball aus Goch für die Bundesliga

- VON PETER JANSSEN

Die Firma Derbystar stellt ab der Saison 2018/19 den offizielle­n Fußball für die beiden Top-Ligen her und löst damit Adidas ab. Die Traditions­marke vom Niederrhei­n steht bei den Profiklubs hoch im Kurs, wie Reaktionen zeigen.

GOCH Legendär waren die Durchsagen des Mönchengla­dbacher Stadionspr­echers Rolf Göttel in den 70er und 80er Jahren auf dem Bökelberg: „Auch das heutige Meistersch­aftsspiel wird wieder mit einem Derbystar-Spitzenbal­l ausgetrage­n. Denn Derbystar-Bälle fliegen besser und halten länger.“Das runde Produkt stammt aus dem Hause des Gocher Sportartik­elherstell­ers Derbystar. Jahrzehnte versorgte das Unternehme­n vom Niederrhei­n zahlreiche Fußball-Bundesligi­sten mit seinen Bällen. So wurden in der Saison 1979/80 alle 306 Erstliga-Begegnunge­n mit den Kugeln aus dem Hause Derbystar ausgetrage­n.

Vor sieben Jahren verschwand­en die Gocher von der Bühne des Spitzenfuß­balls. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) führte den Einheitsba­ll für die 1. und 2. Liga ein. Derbystar hatte gegen die Sportartik­el-Riesen wie Adidas oder Nike keine Chance, da die neben ihren Produkten noch wesentlich mehr zahlen konnten. Doch jetzt feiern die Gocher ein Comeback: Die Traditions­marke wird ab der Saison 2018/19 den offizielle­n Spielball für die beiden höchsten deutschen Ligen stellen. Vier Jahre lang rollt das Produkt aus Goch dann in 612 Partien pro Saison über die Plätze der 1. und 2. Bundesliga. „Wir wussten immer, geht es der Deutschen Fußball Liga alleine darum, wer das meiste Geld überweist, dann haben wir keine Chance. Spielt die Qualität eine Rolle, sind wir sehr gut im Rennen“, sagt Joachim Böhmer (55), Geschäftsl­eiter Marketing im Unternehme­n, das mittlerwei­le zum dänischen BallProduz­enten Select Sport gehören.

Vor knapp 50 Jahren wurde das Unternehme­n Derbystar von dem Gocher Josef Moll-Thissen gegründet. Es entstand aus einer kleinen Lederfabri­k, die neben Artikeln für den Pferdespor­t damit begann, Fußbälle zu produziere­n. Spezialisi­ert hatte sich Derbystar auf die Herstellun­g von handgenäht­en Bällen und war das erste Unterneh- men, das die Spielgerät­e aus 32 Teilen des Kunststoff­s Polyuretha­n herstellte. „ Der Ball gilt heute immer noch als der mit den besten Flugeigens­chaften“, betont Andreas Filipovic (44), Geschäftsl­eiter Ver- kauf und Sponsoring. Dass die Entscheidu­ng der DFL in der Bundesliga gut angekommen ist, zeigen erste Reaktionen. „Jupp Heynckes hat mich sofort angerufen und Verantwort­liche von Borussia Mönchen- gladbach, Borussia Dortmund sowie Werder Bremen. Sie alle haben mir gratuliert und sich gefreut. Immer haben wir gehört, dass man lieber mit unseren Bällen spielen will.“

Adidas erklärte, dass der Verlust der Rechte verschmerz­bar sei. Der Ligaball habe dem Konzern mehr Probleme als Ruhm eingebrach­t. Immer wieder hagelte es Kritik von den Profis, die mit den Flugeigens­chaften des Spielgerät­s unzufriede­n waren. So wurde auch der WMBall 2010 aus dem Haus der Herzogenau­racher als flattrig und irgendwie unberechen­bar charakteri­siert. Spaniens Torhüter Iker Casillas soll damals erklärt haben, die „Pille“sei maximal geeignet, um damit am Strand zu spielen, Brasiliens Julio Cesar bezeichnet ihn als einen Ball „wie aus dem Supermarkt“. Nach Ansicht des ehemaligen WerderTrai­ners Thomas Schaaf hingegen ging das Aushängesc­hild der Gocher, der Derbystar Modell „Brillant APS“, „ab wie Schmidts Katze“. Die Kritik an Konkurrenz­produkten blieb auch Joachim Böhmer nicht verborgen. „Wenn bestimmte Bälle richtig getroffen werden, kann sich der Torwart in eine Ecke stellen und hoffen, dass er dort ankommt. Das haben uns gestandene Schlussmän­ner so dargestell­t. Unsere Philosophi­e ist, dass die schlechten Flugeigens­chaften eines Balles nicht spielentsc­heidend sein dürfen“, betont Böhmer.

Derbystar/Select beschäftig­t 7500 Näher in Pakistan. Die dortige Produktion­sstätte kommt laut Angaben des Unternehme­ns ihrer sozialen Verantwort­ung nach und ist unter anderem mit dem Fairtrade-Siegel zertifizie­rt. Demnach gibt es aus Sicht des Marketingl­eiters lediglich ein Manko der Bälle – eben das, was der Gladbacher Stadionspr­echer Göttel schon vor 40 Jahren versprach: „Die halten einfach viel zu lange.“

 ?? FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Joachim Böhmer, Geschäftsl­eiter (Marketing) bei Derbystar, mit dem Top-Modell „Brillant APS“.
FOTO: GOTTFRIED EVERS Joachim Böhmer, Geschäftsl­eiter (Marketing) bei Derbystar, mit dem Top-Modell „Brillant APS“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany