Deichbau: Landwirte mit Existenzangst
Mit dem neuen Deich wächst der Unmut der Landwirte in Mündelheim. Ihr Vorwurf: Agrarflächen seien für den Bau willkürlich zerschnitten worden. Sorgen bereiten ihnen auch Landaufkäufe und ein neuer Verpächter
MÜNDELHEIM Marita und Reinhard Mosch leben in unmittelbarer Nähe des Deiches. Wenn die Arbeiten am nördlichen Teil des Deiches beendet sind – dieser wird erhöht, verstärkt und verbreitert – , befindet sich der neue Hochwasser-Schutzwall praktisch direkt vor ihrem Wohnzimmer. „Der neue Deich ist wichtig und schützt den ganzen Süden“, stellt Landwirt Mosch klar. Trotzdem: Er hat auch einige Kritikpunkte. Sein Betrieb wird erheblich von den Baumaßnahmen betroffen sein.
Für den Deichbau musste der Landwirt, der insgesamt eine Fläche von 150 Hektar bewirtschaftet, sieben Hektar abgeben. Dafür bekommt er eine Ausgleichsfläche, die allerdings weiter entfernt liegt. Das ist nicht sein eigentliches Problem; Zu schaffen macht ihm die Tatsache, dass er seine Gänse-Wiesen am Deich abgeben muss. Dort schnatterte bis kurz vor Weihnachten fröhlich das Federvieh, jetzt muss Mosch Ackerflächen zu Wiesen umgestalten, um seine Gänsemast fortführen zu können.
Nicht nur für das Ehepaar Mosch ist im Vorfeld der Deichplanung vieles falsch gelaufen. Im Zuge der teilweisen Rückverlagerung des Deiches seien früher zusammenhängende Agrarflächen willkürlich „zerschnitten“worden. Normal wäre eine vorherige Flurbereinigung gewesen, wie es bei Projekten ähnlicher Art eigentlich üblich sei, kritisierte Mosch die Verantwortlichen und schiebt nach: „Das wäre auch in Mündelheim dringend erforderlich gewesen.“
Erst nachdem die Wirtschaftsbetriebe die Verantwortung für das Projekt übernommen haben, laufe die Kooperation mit den Mündelheimer Landwirten besser. Unter der Regie der zuvor zuständigen städti- schen Ämter sei das Deichbau-Projekt „schlecht und unkoordiniert“behandelt worden.
Für Unmut unter den Bauern vor Ort sorgt auch, dass ihren Informationen zufolge die Rheinisch-West- fälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) in den vergangenen Jahren viele der ihr gehörenden landwirtschaftlichen Nutzflächen in Mündelheim an den Wittlaerer Landwirt Otto-Heinrich Blank verkauft hat. Die RWW selbst kommentiert die Nachfrage dazu in einem Satz: „Die für die Deichverlegung benötigten Flächen wurden an die Stadt Duisburg verkauft.“Weitere Auskünfte verweigert die Gesellschaft. Die Wirtschaftsbetriebe beziffern den Umfang des Landes, das die Stadt von der RWW erworben hat auf 28 Hektar.
Der Düsseldorfer Agrar Blank ist Eigentümer des Wittlaerer Hofs. Landwirt Jürgen Schaumlöffel, Verwalter des Ellerhofs, schildert dessen Landaufkäufe aus seiner Sicht: Die mit der RWW abgeschlossenen Pachtverträge behalten bis zum festgelegten Ablaufdatum ihre Gültigkeit, danach wird der Pachtzins neu festgelegt. Ob es in jedem Fall zu einer Neuverpachtung kommen wird, steht nach seinen Worten nicht fest. „Herrn Blank geht es nicht darum, ein Investment zu tätigen. Er will seinen Betrieb weiter vergrößern und setzt dabei auch auf die bisher verpachteten Flächen auf Mündelheimer Gebiet.“Blank selbst äußerte sich auf Anfrage der Redaktion nicht.
Klar ist für die Bauern: Für viele ist es durch die Verkäufe zu einem Eigentümerwechsel gekommen. Sie fürchten jetzt, dass mit Ablauf des alten Pachtvertrags ein höherer Pachtzins fällig wird oder die Verträge nicht verlängert werden. „Das ist ein großes Problem für viele Landwirte“, weiß Mosch. Er selbst zieht mit seiner Ehefrau die Konsequenzen: „Der alte Pachtvertrag läuft noch bis 2024. Danach gehe ich halt in Rente. Ich muss das nicht mitmachen. Aber für andere geht es um die Existenz.“