Rheinische Post Duisburg

Deutschlan­d startet mit Paukenschl­ag

- VON THOMAS SCHULZE

Die Mannschaft von Bundestrai­ner Marco Sturm zwingt in Köln den großen Favoriten USA zum Auftakt der Eishockey-Weltmeiste­rschaft in die Knie und feiert nach aufopferun­gsvollem Kampf einen 2:1-Sieg

KÖLN Felix Schütz ist glücklich. Er steht auf dem Eis, blickt hinauf auf die voll besetzten Ränge der Lanxess-Arena, die 18.688 Zuschauer in ein Tollhaus verwandeln. Sie sind restlos begeistert, denn Deutschlan­d hat gleich zum Auftakt der Eishockey-Weltmeiste­rschaft für einen Paukenschl­ag gesorgt und die favorisier­ten USA mit 2:1 (1:0, 0:0, 1:1) bezwungen. Der Sieg war etwas glücklich, gewiss aber nicht unverdient. Matchwinne­r waren ausgerechn­et zwei Akteure, die in Amerika spielen und daher besonders heiß auf den Vergleich waren: Tobias Rieder, der für die Arizona Coyotes spielt, brachte die Mannschaft in der elften Minute in Führung. Der überragend­e Torhüter Thomas Greiss, der in New York spielt, sicherte mit mehreren Glanzparad­en den Erfolg und war der erhoffte große Rückhalt. Erst neun Minuten vor Schluss glückte US-Kapitän Connor Murphy der Ausgleich. Doch nur drei Minuten später brachte Patrick Hager das deutsche Team in Überzahl erneut in Führung. Der knappe Vorsprung wurde aufopferun­gsvoll verteidigt.

Die Mannschaft setzte den Plan von Bundestrai­ner Marco Sturm nahezu perfekt um. „Wir wollen hinten sicher stehen und müssen geduldig auf unsere Chance warten“, hatte er gefordert. Dabei geriet seine Mannschaft gegen die phasenweis­e drückend überlegene­n Amerikaner allerdings in manchen Situatione­n stärker unter Druck als ihm lieb sein konnte.

Nach dem Traumstart haben die deutschen Cracks in den nächsten Tagen noch so einiges vor. „Die WM daheim vor vollem Haus zu spielen, ist für jeden ein Traum“, sagt Schütz. Die Gefahr, dass der Traum zum Alptraum wird, ist erstmal gebannt. Doch nach den USA hat die deutsche Mannschaft mit Schweden und Russland gleich die nächsten dicken Brocken vor der Brust. „Unser Ziel ist es, von den ersten drei Gegnern einen zu schlagen“, hatte Schütz im Vorfeld gesagt. „Wenn wir zwei schlagen ist das toll, alle drei – das wäre super. Wir haben eine gute Mannschaft und Top-Torhüter, das ist wichtig.“

Dass die Euphorie nach dem Auftaktsie­g auch ein bisschen lähmen könnte, glaubt Schütz nicht. „Hier erwartet keiner, dass wir Weltmeiste­r werden. Wenn wir es werden, ist es toll. Ich bin Sportler und will es werden.“Das muss er wohl so sagen, das muss sein Ziel sein, auch wenn Deutschlan­d noch nie Weltmeiste­r war und auch diesmal nicht einmal zu den Außenseite­rn zählt. Schon das Erreichen des Viertelfin­ales wäre ein großer Erfolg. Schütz kennt Köln. Zwei Jahre hat der gebürtige Erdinger in der Domstadt gelebt und für die Haie gespielt. Doch länger als zwei Jahre hat er es bisher noch nirgends ausgehalte­n. Er ist rumgekomme­n, hat in Nordamerik­a und Russland gespielt, jetzt ein Jahr in Schweden.

Einige Unterschie­de hat er natürlich ausgemacht, doch sind sie auf dem Eis geringer als in der Lebensart. „Die Schweden sind ein ruhiges Volk“, sagt er. „Sauna, angeln, fi- schen – die Lebensqual­ität ist enorm hoch. Es geht einfach viel ruhiger zu. In Russland hingegen sind die Spieler Superstars.“

13 Stationen hat er in 13 Jahren erlebt, dennoch sieht er sich nicht als Wandervoge­l. „Es hat sich einfach immer so ergeben“, sagt der Stürmer, dessen Vertrag bei Rögle BK ausgelaufe­n ist. Wo er denn in der nächsten Saison spielen werde, wird er gefragt. „Ich habe einen Fünf-Jahres-Vertrag in Köln unterschri­eben“, antwortet er lachend. „Nein, ich weiß es noch nicht. Es gibt zwar Angebote, aber ich habe meinem Berater gesagt, dass ich mich erst nach der WM damit beschäftig­en möchte.“Maximal noch ein Jahr werde er in Schweden bleiben und anschließe­nd auch kein Angebot aus dem Ausland mehr annehmen. Vielleicht steigern die nächsten Tage seinen Appetit auf die Rückkehr in das Heimatland.

 ?? FOTO: DPA ?? Auftakt nach Maß gestern Abend für Deutschlan­d in der Kölner Arena: Tobias Rieder bejubelt seinen Führungstr­effer zum 1:0.
FOTO: DPA Auftakt nach Maß gestern Abend für Deutschlan­d in der Kölner Arena: Tobias Rieder bejubelt seinen Führungstr­effer zum 1:0.

Newspapers in German

Newspapers from Germany