0:3 gegen Schulz
Kanzlerin gehörte zu den wenigen CDU-Politikern, die sich vom Schulz-Effekt nicht nervös machen ließen. Nun ist ihre Ausgangslage für die Bundestagswahl komfortabel. Die SPD muss noch einmal die Reset-Taste drücken.
BERLIN Der Schulz-Effekt erweist sich mit der Wahl in Nordrhein-Westfalen als ein warmer Regen im März, der auf sehr trockenen Boden gefallen ist. Nachhaltiges Wachstum ermöglichte er nicht. Mit Sigmar Gabriel an der Spitze hätte es für die SPD im Saarland, in Schleswig-Holstein und in NRW auch nicht schlechter laufen können. 0:3 gegen Schulz.
Derweil hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel fast auf das alte Niveau aus den Zeiten vor der Flüchtlingskrise zurückgekämpft. Als Anfang des Jahres nach der Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten die Umfragewerte für die Sozialdemokraten durch die Decke schossen, wurde Merkel im CDU-Präsidium bedrängt, endlich in die Offensive zu gehen. Sie aber sah keinen Anlass, mit Aktionismus gegen die steigenden Umfragewerte der SPD anzugehen.
Für Merkel hätte es nicht besser laufen können. Mit Armin Laschet gewinnt ein CDU-Politiker, der in der Flüchtlingskrise stets an ihrer Seite stand. Sein Erfolg gründet sich also nicht auf dem Gegenwind, den die Kanzlerin seit dem Sommer 2015 verstärkt bekommt. Im Wahlkampf dann holte sich Laschet mit Wolfgang Bosbach einen der schärfsten Merkel-Kritiker an seine Seite. Dass dieses Konzept erfolgreich war, zeigt, dass es der Union auch im Bundestagswahlkampf gelingen kann, den Streit um die Flüchtlingskrise in ein breit aufgestelltes Konzept aus humanitärem Handeln und Eintreten für innere Sicherheit zu verwandeln.
Die Ausgangslage für Merkel ist nun sehr komfortabel. Sie wird nur der Verlockung widerstehen müssen, doch wieder einen einschläfernden Wahlkampf zu führen. Auf die Ansage der Alternativlosigkeit reagieren die Wähler allergisch, wie der Aufstieg der AfD und der Schulz-Hype gezeigt haben.
Die Sozialdemokraten müssen hingegen erneut die Reset-Taste drücken. Jahrelang lagen sie in Umfragen und bei Wahlen unter 25 Prozent. Da ist es nachvollziehbar, dass sie sich am SchulzHype berauschten. In ihrer Euphorie hat die SPD übersehen, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer und ein Schulz noch keine Trendwende gegen Merkel macht. In ihrem Glückstaumel meinten die Sozialdemokraten, Schulz allein könne die SPD wieder auf Augenhöhe mit der Union bringen. Und sosehr Politiker auch beschwören, sie glaubten Umfragen nicht, so gerne geben sie sich doch den günstigen Prognosen hin.
Schulz hätte sich den Wählern nach seiner Nominierung genauer vorstellen müssen. Die Sozialdemokraten lehnten dies mit dem Hinweis ab, dass auch die Union noch kein Wahlprogramm vorgelegt habe. Richtig. Aber Merkel regiert und zeigt ihr Profil mit ihren Entscheidungen. Schulz hat noch nicht einmal ein Regierungsamt, mit dem er zeigen kann, in welche Richtung er steuert. Der Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post, verweist darauf, dass der Bundestagswahlkampf nun erst richtig losgehe. Aus seiner Sicht wird es ein Lagerwahlkampf: „Dann geht es darum, ob wir wieder eine schwarz-gelbe Republik wollen, ob die soziale Gerechtigkeit unter die Räder kommt und ob wir uns an der un- verantwortlichen Aufrüstungsspirale Trumps beteiligen“, sagte Post.
Den Sozialdemokraten droht, dass aus dem Schulz-Effekt ein NRW-Effekt wird, der sie wieder auf das alte Niveau der Zeit vor Schulz’ Nominierung drückt. Um ein wenig des Befreiungsschlags durch Schulz nun auch in den Bundestagswahlkampf zu retten, muss die SPD ihren Kanzlerkandidaten sichtbarer machen – mit programmatischen Reden und mehr Themenvielfalt als nur sozialer Gerechtigkeit. Man muss sich auch fragen, warum Schulz seine in der Zeit als Europaparlamentspräsident ge- grünen Bündnisses im Westen (zu) lange offenhalten. Parallel angestellte Umfragen auf Bundesebene sehen die Linke weiter zwischen sieben und zehn Prozent. Da sich zugleich die Absicht von Linksbündnissen für SPD und Grüne nicht rechnet, dürfte sich die Linke in der Konsequenz noch weniger koalitionskompatibel und entschiedener sozialistisch aufstellen.
Die AfD hat erneut den Sprung in ein Landesparlament geschafft, ist nun nahezu flächendeckend präsent und kann mit staatlicher Unterstützung weitere Dauer-Präsenz in den Regionen auf- wenn nun Personal, Programm und Perspektive nicht noch einmal intern heftigst diskutiert würden.
Was bedeutet das für den Bundestags-Wahlkampf? Zunächst einmal, dass sich sorgfältige Planung bis auf die letzten Meter lohnt. Wer in den letzten Tagen eine Aufwärts-Dynamik hinbekommt, kann auch mittel- und langfristige Wählergewohnheiten ändern und gewinnen. Das zeigen die Entscheidungen sowohl im Saarland als auch in Schleswig-Holstein und nun wieder in NRW. Ursprünglich hatte sich die Union vorgenommen, den SPD-Schulz-Ef-