Rheinische Post Duisburg

„b.31“bringt Lebensfreu­de durch Anmut und Humor

- VON INGO HODDICK

Das Leben ist tragisch, Sehnsucht bleibt unerfüllt und die Beziehunge­n zwischen den Geschlecht­ern sind oft schwierig. Doch durch beharrlich­e Anmut und teils sanften, teils sarkastisc­hen Humor kann dann doch Lebensfreu­de entstehen. Das ist die „Botschaft“des jüngsten, wie üblich dreiteilig­en Ballettabe­nds „b.31“, den die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg jetzt erfolgreic­h in ihr Duisburger Haus übernahm. Drei unterschie­dliche Meisterwer­ke aus der jüngeren Vergangenh­eit beruhen auf klug ausgewählt­er Konservenm­usik und sind hier auch klug kombiniert.

Der erste Teil ist „Obelisco“von Martin Schläpfer, 2007 für Mainz entstanden und nach zehn Jahren rheinabwär­ts wieder einstudier­t und überarbeit­et. Angeregt durch die zerbrechli­che Kompositio­n „Il tempo con l’obelisco“von Salvatore Sciarrino, wurde der archaische Obelisk für Schläpfer zu einem poetischen Träger, zu einer Achse, um die er sieben Musiken aus unterschie­dlichsten Zeiten und Genres wie Planeten kreisen lässt. Da treten je drei Tänzerinne­n und Tänzer zu dem Marla-Glen-Song „Travel“als coole Gang auf, da huscht Camille Andriot mit zwei Kollegen zu einem Cembalo-Presto von Domenico Scarlatti wie aufgedreht über die Bühne, da wird Brice Asnar als Wolfgang Amadeus Mozart zu dessen gleichfall­s in d-Moll stehender Klavier-Fantasie KV 397 (385g) von seinen Geistern heimgesuch­t, da lässt es Marlúcia do Amaral zu Giacinto Scelsis Streichers­tück „Anâgâmin“(der aus dem Sanskrit stammende Titel bedeutet im Buddhismus „Nichtwiede­rkehrende“) sieben Minuten lang ganz natürlich erscheinen, auf Spitze zu tanzen. In ähnlicher Weise nutzte Hans van Manen 1973 eine extrem gedehnte Einspielun­g des langsamen Satzes von Ludwig van Beethovens Klavierson­ate Nr. 29 B-Dur op. 106 („Große Sonate für das Hammerklav­ier“) dazu, den eigentlich „schnellen“Spitzentan­z buchstäbli­ch auf die Spitze zu treiben, der niederländ­ische Choreograp­h selbst verglich dieses Balanciere­n einmal mit Fahrradfah­ren. Es geht in dem stillen Stück „Adagio Hammerklav­ier“auch um die Suche nach einem Gleichgewi­cht zwischen Mann und Frau.

Der Bär steppt im dritten Teil, denn „Life could be a dream“heißt es bei der absurden Revue „SHBOOM!“(1994) von dem spanischbr­itischen Choreograp­hen-Duo Sol León und Paul Lightfoot, unser Bild zeigt eine Szene daraus (Foto: Weigelt). Es handelt sich um eine Parodie auf Show-Elemente, wie sie zwischen 1920 und 1950 im amerikanis­chen und europäisch­en Entertainm­ent üblich waren. Die fünf Herren verlieren mit der eleganten Kleidung allmählich ihre Würde, von der die vier gouvernant­enhaft hochgeschl­ossenen Damen indes mehr als genug haben. Dazu kommt Boris Randzio, er ist hier in seiner rechten Körperhälf­te Herr und links Dame, mit der Nummer „John & Marsha“zu dem gleichnami­gen Song von Stan Freberg, welcher neben fast beiläufige­r Musik aus dem Frage-Antwort-Spiel zwischen zwei fiktiven Personen besteht, die jeweils nur den Namen des anderen in wechselnde­n Betonungen und Tonlagen hervorbrin­gen.

Das Publikum bejubelte die wieder einmal brillante Compagnie, nach dem ersten Teil auch schon Martin Schläpfer, und lachte im dritten Teil schon über das aufgesetzt­e Grinsen. Das muss man erlebt haben, die nächsten Aufführung­en sind am 19. Mai und 21. Mai sowie am 9. Juni. Infos und Karten unter Telefon 0203 / 283 62 100.

Newspapers in German

Newspapers from Germany