Sterbebegleitung: Hand in Hand bis zum Ende
Homberger Hospizverein sucht Menschen, die sich zu ehrenamtlichen Sterbebegleitern ausbilden lassen.
Ja geht denn das? Kann man ein so positiver und lustiger Mensch sein, wenn man jeden Tag mit dem Tod zu tun hat? Marina Heyermann nickt so energisch, dass der fröhliche Fransenschnitt auf ihrem Kopf mitwippt. Immer wieder erlebt die Notfallseelsorgerin und Vorsitzende des Hospizvereins „Leben bis zuletzt“Reaktionen wie diese, wenn sie über ihr Ehrenamt erzählt: „Nee,
Marina Heyermann ehrlich? Sowas machst du? So wirkst du aber gar nicht.“Die Frage ist, wie jemand aussehen muss, der anderen Menschen und ihren Familien beim Sterben zur Seite steht. Marina Heyermann lächelt. Sie weiß, dass die Themen Tod und Trauer für viele eine durch und durch düstere Angelegenheit sind, die sie nicht mit Lebensfreude in Verbindung bringen.
Die Sterbebegleiterin und Notfallseelsorgerin erlebt ihre Arbeit allerdings ganz anders: „Mein Bewusstsein für die schönen Dinge des Lebens ist ein ganz anderes geworden. Ich kann mich an den kleinen Dingen erfreuen, genieße das Leben und bin dabei einfach ein fröhlicher Mensch.“Es ist gerade die häufige Begegnung mit dem Tod, die ihrem Leben mehr Leichtigkeit gebracht hat. „Es wird einem einfach bewusst, dass sich Dinge von einer Sekunde auf die andere ändern können“, sagt sie. „Wir wissen doch alle nicht, was morgen ist. Wenn einem das bewusst ist, kann man das Leben viel besser genießen.“Würde und Respekt Marina Heyermann hat die Herausforderung, dem Tod im Alltag intensiver zu begegnen, um anderen zu helfen, gerne angenommen. Mit dieser Einstellung ist die hauptberufliche Sozialarbeiterin des Homberger DRK-Seniorenzentrums Haus am Sandberg nicht al- leine. Als Einrichtungsleiter Ralf Krause vor einiger Zeit die Idee hatte, einen Hospizverein für den Duisburger Westen zu gründen, da fand sich schnell ein Team von engagierten Menschen zusammen, das bereit war, diese Aufgabe zu stemmen. Einen Verbund ehrenamtlicher Sterbebegleiter, die in private Haushalte oder Einrichtungen kommen, gab es in den westlichen Stadtteilen vorher nicht. Nachdem die erste bürokratische Hürde genommen war, ist Marina Heyermann mit dem Klingelbeutel auf Tour gegangen. „Wir brauchten ja Geld für Dozenten, um weitere ehrenamtliche Helfer zu schulen.“In den Räumlichkeiten des Altenzentrums lernen aktuell zehn engagierte Frauen und Männer, wie sie sterbende Menschen in Würde und Respekt begleiten können. 120 Stunden Theorie und 40 Stunden begleitete Praxiserfahrung bereiten die Helfer auf ihre Aufgabe vor. Dazu kommt alle sechs Wochen ein Treffen des Vereins, um sich auszutauschen, und jederzeit die Möglichkeit zum Gespräch. „Ich bin sogar nachts für die Ehrenamtler da, wenn sie dringenden Redebedarf haben.“
Im September ist die erste Gruppe der freiwilligen Sterbebegleiter mit ihrer Ausbildung fertig. Ziel ist, dass jeder von ihnen dann einem festen Patienten zur Seite stehen wird. Für Gespräche, konkrete Hilfe oder auch einfach nur zur Entlastung der Angehörigen im Alltag. Das Besondere an der Gruppe ist, dass vier der zehn Ehrenamtler, so Heyermann, Migrationshintergrund haben. Das hat sich aus den Wurzeln des multikulturellen Seniorenzentrums so entwickelt. Und soll wenn möglich so auch in Zukunft fortgeführt werden. „Wir gehen in jedes Haus und jede Einrichtung, wo jemand gebraucht wird.“Um diesem Anspruch gerecht zu werden, braucht der Hospizverein „Leben bis zuletzt“Verstärkung. Gesucht werden jetzt weitere Menschen, die sich ausbilden lassen möchten, um das Team ehrenamtlich zu unterstützen. Wichtig ist, dass die Teilnehmer psychisch stabil sind. Und dass sie bereit dazu sind, sich in die Grundkenntnisse der Pflege und Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen einzuarbeiten. Außerdem sollten sie andere Weltanschauungen und Glaubenswerte achten und die Schweigepflicht einhalten können.
Wer Grundvoraussetzungen wie diese erfüllt, den erwartet laut Marina Heyermann eine persönlich sehr bereichernde Aufgabe. Und dass diese Arbeit bei allem Respekt kein reines Trauerspiel sein muss, das macht die Vorsitzende mit ihrer Fröhlichkeit vor.
„Mein Bewusstsein für die schönen Dinge des Lebens ist ein ganz anderes geworden. Ich kann mich an den kleinen Dingen erfreuen.“
Sterbebegleiterin