Schule ohne Rassismus und mit Courage
Gesamtschule Süd: Die Auschwitz-AG stellt eindrucksvolle Ausstellung auf die Beine. 967 Lehrer und Schüler haben eine Petition gegen Diskriminierung unterschrieben. Schule sucht prominenten Projekt-Paten.
GROSSENBAUM Die gelbe Tür erzählt die Geschichte von Charlotte Salomon. Die leuchtend orange-farbene die von Marko Feingold. Er lacht. Charlotte Salomon und Marko Feingold sind zwei von 21. Zwei von 21, deren Geschichten erzählt werden müssen. Es sind Geschichten des Todes. Erzählt werden sie von 40 Schülern der Gesamtschule Süd, der 10. Klassen, allesamt Mitglieder der schulinternen Auschwitz-Arbeitsgemeinschaft.
Seit ein paar Wochen haben sie ihre Ausstellung eröffnet, ihre Türen-Ausstellung mit den Opfern des Nationalsozialismus, mit den Opfern von Auschwitz. Und mit diesem kleineren Projekt, das so viel bewirkt, wollen sie sich bewerben, die gesamte Gesamtschule, um etwas viel Größeres: um das Siegel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Sie wären damit eine von insgesamt vier Schulen in Duisburg, die mit diesem Siegel arbeiten dürften.
Die ursprüngliche Idee zur Bewerbung hatte die Schülervertretung. Im Dezember des vergangenen Jahres nahm alles seinen Anfang. Es begann mit Unterschriftenlisten, die herumgingen, an der Schule. Jeder, der wollte, sollte unterschreiben.
Es ist eine Art Selbstverpflichtung, in drei Punkten zusammengefasst. Alle, die an der Schule lernen, arbeiten, einen Großteil ihres Tages verbringen, verpflichten sich dazu, sich beispielsweise gegen Gewalt und diskriminierende Äußerungen zu wenden. 967 Menschen haben bislang unterschrieben. Das Projekt läuft also. „Wichtig ist, dass sich die Schule als Ganzes für das Projekt entscheidet“, erklärt Daniel Sagolla, einer der beiden Projekt-Koordinatoren neben Anja Drews und Lehrer an der Schule. Was fehlt, ist der letzte Schritt: einen prominenten Paten zu finden. Dabei geht es vor allem um Öffentlichkeit, der Pate übernimmt repräsentative Aufgaben. Sie sind derzeit ganz gewissenhaft auf der Suche nach einem prominenten Duisburger, der sich mit ihnen allen gegen Rassismus stellt. Für den ganzen großen Rest sorgen die Schüler, Lehrer, alle anderen Beteiligten an der Gesamtschule. Denn wenn die Schule erstmal das Siegel trägt, geht es erst richtig los. „Es ist dann vor allem eine Mentalitätssache“, blickt Daniel Sagolla in die Zukunft. Denn: „Man geht demnächst ja noch ganz anders in Gespräche, thematisiert anders, schafft ein anderes Bewusstsein gegen Rassismus und Diskriminierung.“Es geht um Ge- sprächskultur, um die Art, wie die Schüler in Zukunft miteinander umgehen. Das wird ein ständiger Prozess sein.
Dazu trägt unter anderem eben auch die Auschwitz-AG bei. Ein ganzes Jahr lang beschäftigen sich die Teilnehmer mit der Vernichtung der Juden. Und sind ganz nah dran. Denn zu ihrer Auseinandersetzung gehört auch ein Besuch in Auschwitz. Die erste Fahrt startete vor sechs Jahren. Seitdem sind viele Ju- gendliche gefahren, haben viele Jugendliche aus einer ganz nahen Perspektive die Geschichten des Todes gehört. „Wir sind vier Tage vor Ort, sie bestehen vor allem aus viel Reden und Zuhören und bedeuten eine ganz intensive Auseinandersetzung mit dem Thema“, erklärt Lehrer und Projektleiter der AuschwitzFahrt, Jörn Seemann.
Der Zeitpunkt der Fahrt ist nicht zufällig. Nach Polen, nach Auschwitz geht es immer im Januar, bei Schnee, Eis und Kälte. Die Schüler sollen nachempfinden, wie sich die KZ-Häftlinge damals gefühlt haben müssen. Die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem Tod lesen die vielen anderen Schüler der Gesamtschule Süd dann im Rahmen der Ausstellung. Wenn die Geschichte von Charlotte Salomon an der gelben Tür hängt und daneben die von Marko Feingold.