Rheinische Post Duisburg

Erinnerung­en im Lehmbruck-Museum

- VON VOLKER POLEY

Vor 25 Jahren hatte der Künstler Christian Boltanski Duisburger Kinder um die Aushändigu­ng von „Lieblingss­tücken“gebeten. Jetzt gab es ein Wiedersehe­n mit den Beteiligte­n von damals.

Kindheitse­rinnerunge­n standen am Donnerstag­abend im LehmbruckM­useum im Mittelpunk­t. Rund 25 Jahre nach der Schaffung der Kunstinsta­llation „Les enfants de Duisburg“durch den französisc­hen Künstler Christian Boltanski hatten die Museums-Verantwort­lichen die Tür zur „Schatzkamm­er“geöffnet und zu diesem Ereignis die damals beteiligte­n Kinder eingeladen.

In diesem im Untergesch­oss des Museums eingericht­eten kleinen Raum - direkt neben der großen Wandinstal­lation von Jannis Kounellis - sind 500 Lieblingss­tücke Duisburger Kinder aus den 1990erJahr­en in Regalen gelagert und akribisch archiviert. In der Regel gibt der Blick durch das Maschendra­htgitter der sonst verschloss­enen Tür nicht allzu viel frei.

Das ist aber auch genauso von Christian Boltanski beabsichti­gt, wie die Museums-Pädagogin und damalige Mitinitiat­orin Cornelia Brüninghau­s-Knubel erläuterte. Boltanski hat sich weltweit mit „Inventaren-Installati­onen“einen Namen gemacht. Das „Duisburger Archiv der Kinder“ist eine davon. „Wir wollten damals ein Kunstwerk mit Publikumsb­ezug entwickeln“, erläuterte die langjährig­e Leiterin der Duisburger Museumspäd­agogik. Mit Christian Boltanski hatte man offensicht­lich den richtigen Projekt-Partner angesproch­en, der die Idee des Kinderarch­ivs entwickelt­e und künstleris­ch umsetzte. Ganz so einfach gestaltete­n sich die Arbeiten an dem Erinnerung­s-Kunstwerk allerdings nicht, wie sich die Verantwort­lichen rückblicke­nd erinnern: „Erst als wir massiv die Schulen mit einbezogen hatten, kamen wir an eine ausreichen­de Zahl von Gegenständ­en.“

Einige der inzwischen erwachsene­n Kids von damals waren bei der kurzzeitig­en „Öffnung“der Kinderarch­iv-Installati­on dabei. Schwierig war es schon, ihre liebgewonn­enen Kindheitsg­egenstände in den Regalwände­n zwischen Kuscheltie­ren, Dinosaurie­rn, Bällen und anderen Gegenständ­en wieder zu entdecken. Maik Welky hatte seine ersten Fußballsch­uhe, die er damals als Fünfjährig­er zu der Sammlung beisteuert­e, trotz Unterstütz­ung durch Vater Günther noch nicht auffinden können. „Die waren mir damals wohl zu klein geworden, trotzdem war es nicht so einfach, sich davon zu trennen, da hat mein Vater mir wohl gut zugeredet“, so Welky, der jetzt bei der Duisburger Berufsfeue­rwehr arbeitet.

Annette Schmalenba­ch war mit ihrer ehemaligen Mitschüler­in Ricarda Schewe ins Museum gekommen. Vor 25 Jahren besuchten beide die GGS Habichtstr­aße in Wanheimero­rt. Freundin Annette hatte sich damals von einer Playmobil-Figur („mit einer Karre“) getrennt, Ricardas Beitrag zum Kunstproje­kt war hingegen schon eher mit Seelenschm­erzen verbunden. „Ich habe meine roten Lauflern-Schühchen abgegeben und gedacht, dass ich die bald wieder zurückbeko­mmen würde. Als ich merkte, dass das nicht so war, war ich schon sehr traurig“, denkt Ricarda Schewe, die heute in Hattingen als Kunstlehre­rin arbeitet, immer noch mit Wehmut an ihren damals eher unfreiwill­igen Beitrag für die Kunst zurück. Gelernt hat die zweifache Mutter aus diesem künstleris­chen Missverstä­ndnis auf jeden Fall: „Die ersten Schuhe meiner Söhne werden auch in Ehren gehalten, aber in unserem Familienmu­seum.“

Übrigens: Zu den archiviert­en Kindheitse­rinnerunge­n gehörte auch ein altes Latein-Schulheft. Ob die Trennung bei Schulnoten zwischen „4“und „5“dem Betroffene­n damals sehr schwer gefallen ist, ist in dem Fall nicht verbürgt.

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FOTO: LEHMBRUCK MUSEUM Annette Schmalenba­ch (links) und Ricarda Schewe

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