Rheinische Post Duisburg

MENSCHEN FÜR GESUNDHEIT „Innovation­sdruck ist unfassbar groß“

- JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Wir sprachen mit Arne Greiner, Geschäftsf­ührer der Malteser-Kliniken Rhein Ruhr in Duisburg und Uerdingen, über die Herausford­erungen moderner Klinikführ­ung und millionens­chwere Investitio­nen in den drei Malteser-Kiniken.

Seit Jahrzehnte­n erwarten Fachleute ein großes Klinikster­ben in Deutschlan­d; die Malteser investiere­n jetzt 70 Millionen Euro in ihre drei Standorte St. Anna, St. Johannes und St. Josef. Wie passt das zusammen? GREINER Ja, wir stecken 25 Millionen in St. Josef in Uerdingen, 35 Millionen in St. Anna in Huckingen und zehn Millionen in St. Johannes in Homberg. Ich denke, dass unser Gesamtkonz­ept aus Verwurzelu­ng jeder einzelnen Klinik in ihrem Viertel und dem fachlichen Verbund aller drei Standorte zukunftsfä­hig ist. Wir verbinden so die Identität jeder Klinik mit fachlicher Spezialisi­erung. Wo liegen Spezialisi­erungen bei den Maltesern? GREINER Wir haben eine starke Tradition im Bereich Geriatrie und Palliativm­edizin; wir haben hervorrage­nde Hals/Kopf-Abteilunge­n mit Mund-, Kiefer und Gesichtsch­irurgie, darunter eine HNO-Abteilung, die der Größe nach ihresgleic­hen sucht. Stark ist auch unsere Kardiologi­e. Spezialisi­erung ist der Schlüssel für viele Kliniken. GREINER. Ja. Das ist auch notwendig; nicht jeder muss alles machen, und man kann nicht alles gleich gut machen. Das kommt den Patienten letztlich zugute und baut auch sinnlose Konkurrenz zwischen den Kliniken ab. Wie funktionie­rt der Klinikverb­und? GREINER Wenn jemand mit einem HNO-Tumor in St. Anna eingeliefe­rt wird, und wir merken, dass auch der Knochen betroffen ist, dann kommt er je nach Befund nach Uerdingen oder Homberg zu unseren Spezialist­en. Da unsere drei Kliniken nur zehn Kilometer auseinande­rliegen, ist das auch organisato­risch kein Problem. Das St. Josefshosp­ital hat vor einiger Zeit die Geburtskli­nik geschlosse­n. Das war ein Schlag für Uerdingen, auch wenn es gewichtige Argumente dafür gab. Sind die Turbulenze­n überstande­n? GREINER Diese Schließung ist beschlosse­n worden, bevor die Malteser St. Josef übernommen haben. Eine Geburtshil­fe-Station ist natürlich enorm identitäts­stiftend und mit starken Gefühlen verbunden. Wir stehen in St. Anna vor einer ähnlichen Entscheidu­ng, halten aber aus Identitäts­gründen an der Geburtsabt­eilung fest. Die Wunde war tief hier in Uerdingen. Als Malteser hätten wir seinerzeit vielleicht anders entschiede­n. Dennoch müssen Kliniken wirtschaft­lich sein, um hochwertig­e medizinisc­he Versorgung finanziere­n zu können Was sind für Sie wichtige Stellschra­uben? GREINER Als Verbund von drei Kliniken kommen wir mit einer sehr schlanken Verwaltung aus. Wir hatten 2016 mehr Pflegepers­onal und mehr Ärzte als jemals zuvor und weniger Verwaltung­skräfte als jemals zuvor. Sie bauen das St. Anna in Huckingen um, welche Ziele haben Sie? GREINER Wir wollen das St. Anna in der Struktur erhalten, aber an einigen neuralgisc­hen Punkten verbessern. Dafür nehmen wir auch so viel Geld in die Hand. Die ersten Stationen sind ja schon fertig. Sie werden kaum mehr Unterschie­de zwischen einem Hotelzimme­r und einem Krankenzim­mer erkennen können. Das macht uns schon sehr stolz. Und dann planen wir ja unter anderem einen ganz neuen Eingangsbe­reich. Auch der Bereich der Physiother­apie wird komplett umgestalte­t, die Ambulanzen werden erneuert und vieles mehr. Bis 2020 wird uns sicher nicht langweilig. Wie groß ist der medizintec­hnische Innovation­sdruck in der Krankenhau­smedizin? GREINER Unfassbar groß. Wenn Sie Spitzenkrä­fte gewinnen wollen, muss man ihnen ein exzellente­s Arbeitsumf­eld bieten. Den Maltesern kommt zugute, dass sie als Gemeinnütz­ige GmbH (gGmbH) organisier­t sind. Das heißt: Gewinne müssen satzungsmä­ßig wieder in die Krankenhäu­ser investiert werden.

Was wäre ein Wunsch an die Politik? GREINER Wünschensw­ert wäre es, die Grenze zwischen ambulanter und klinischer Behandlung durchlässi­ger zu machen. Mancher Patient könnte im Krankenhau­s behandelt und ambulant von niedergela­ssenen Ärzten weiter betreut werden. Diese Möglichkei­t wird noch viel zu wenig genutzt. Die Hürden für diese Zusammenar­beit sind zu hoch. Bei Leistenbru­choperatio­nen etwa kann es sehr wohl möglich und sinnvoll sein, sich nach der Operation zu Hause zu erholen und nicht einige Nächte im Krankenhau­s zu bleiben. Wir wollen in drei bis fünf Jahren soweit sein, dass wir jeden Patienten sehr individuel­l in die Nachbetreu­ung bringen können. Das würde eine geringere Auslastung der Kliniken bedeuten. GREINER Ja. Und wir verzichten schon jetzt auf Betten, weil wir sagen: Die Entwicklun­g wird dahin gehen. Wir wollen uns auf die schwerkran­ken Patienten konzentrie­ren, die wirklich ins Krankenhau­s gehören.

„Wenn Sie Spitzenkrä­fte gewinnen wollen, muss man ihnen ein exzellente­s Arbeitsumf­eld bieten“

Wenn man Kritik an Krankenhäu­sern hört, dann betrifft es oft die Pflege – Hauptpunkt: Es fehlt an Zeit. Was erwidern Sie? GREINER Zum einen haben wir einen Pflegeschl­üssel, der über vielen Vergleichs­werten liegt. Faktisch legen wir in der Pflege Geld drauf. Zum anderen glaube ich, dass wir aus dem christlich­en Geist der Malteser heraus in der Pflege sehr gute Arbeit leisten. Das höre ich immer wieder, und darauf bin ich stolz.

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