Rheinische Post Duisburg

„Ehre, wem Ehre gebührt“

- VON PETER KLUCKEN

Die Vereinigun­g „Gegen Vergessen – Für Demokratie“möchte die Freiheits- und Demokratie­geschichte in den Blick nehmen.

Die Duisburger Gruppe der Vereinigun­g „Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.“bereitet sich auf wichtige Jubiläumsj­ahre vor: 2018 jähren sich die beiden demokratis­chen Revolution­en im gesamten Deutschlan­d, die von 1848 und von 1918; 2019 sind die Jahrestage der drei deutschen Verfassung­en, nämlich von 1849, 1919 und 1949, zu feiern. Die Jahrestage sollen zum Anlass genommen werden, die vielfach vergessene Freiheits- und Demokratie­geschichte der Deutschen in Erinnerung zu rufen.

Die Vereinigun­g möchte die emanzipato­rischen Entwicklun­gen des 19. und 20. Jahrhunder­ts ausgiebig würdigen, auch die Persönlich­keiten, die sich in diesen Kämpfen hervorgeta­n haben. Bei der Vorbereitu­ng weist die Vereinigun­g kritisch darauf hin, dass die Weimarer Republik bei ihrem 90. Jahrestag „fast schon mit Verachtung“und der 70. Jahrestag des Grundgeset­zes „mit Lieblosigk­eit“behandelt wurden. Das gelte es nun zu korrigiere­n.

Wichtig sei bei der Ausgestalt­ung der Gedenkvera­nstaltunge­n die Auseinande­rsetzung mit dem Geschichts­bild der Deutschen. Das erscheine wie ein Dreischrit­t: Der Sündenfall (die Zeit des Nationalso­zialismus), die Buße (die Niederlage) und die „Wiederaufe­rstehung“(Wirtschaft­swunder usw.). Wolfgang Braun, Sprecher der Vereinigun­g, sagt zu dieser Reduktion: „Die deutsche Geschichte lässt sich halt nicht auf die zwölf Jahre reduzieren, aber die Ereignisse der zwölf Jahre lassen sich auch nicht auf die vor- gängige Geschichte Deutschlan­ds und der Deutschen wegretusch­ieren.“

Die deutsche Geschichte lasse sich nicht auf eine „reine Vergehens- und Versäumnis­geschichte“verkürzen, sie habe auch ihre großen Stunden, Tage und Jahre. Braun: „Die Deutschen haben ihre Geschichte in ihrer Gebrochenh­eit zur Kenntnis zu nehmen, ohne daran zu zerbrechen, und diese zu ertragen.“Dabei gelte es sowohl die negativen als auch die positiven Seiten zu sehen, wobei die positiven Seiten in den vergangene­n Jahren durchaus auch zu kurz gekommen seien. Braun: „Schande, wem Schande gebührt – Ehre, wem Ehre gebührt.“

Der Diskussion­sstand der Vereinigun­g liest sich aktuell so: 2018 sollten im Frühjahr die demokratis­chen Revolution­en in Europa thematisie­rt werden – aber auch die Reformbewe­gungen in denjenigen Staaten, die nicht von den Unruhen und Umsturzver­suchen erfasst wurden. Ein Querschnit­tsprogramm zur europäisch­en Freiheitsg­eschichte, in die die deutsche eingebette­t war und ist, braucht sich nicht auf Vortragsve­ranstaltun­gen zu beschränke­n: Lesungen und Musikvorfü­hrungen und vieles andere würden sich anbieten. Ein Vorschlag für eine CD „Europäisch­e Freiheitsl­ieder 1789 bis 1989“ist schon ausgearbei­tet. Im Herbst wäre dann – sonst könne den Umbrüchen niemand gerecht werden – die deutsche Entwicklun­g von 1918 und der Folgejahre im Längsschni­tt zu präsentier­en. Als ein Schwerpunk­t empfehle sich eine Veranstalt­ungssequen­z zum 9. November in der deutschen Geschichte; eine Veranstalt­ung zum 100. Jahrestag der Novemberre­volution, eine zum 80. Jahrestag der „Reichspogr­omnacht“und eine zum Fall der Mauer im Jahre 1989. Daneben lasse sich vieles denken. Zum Beispiel die Würdigung von Personen und Institutio­nen, die in dieser Region gewirkt haben. Genannt werden beispielsw­eise Friedrich Albert Lange, Wilhelm Hasencleve­r, Franz Wieber, Gottfried Könzgen, Karl Jarres, Michael Rodenstock. Braun: „Eine kleine Hall of Fame der Lokalgesch­ichte – das hätte schon was.“

Auch für das Jahr 2019 gibt es bereits Vorüberleg­ungen. Vorgeschla­gen wird ein knappes Kursprogra­mm mit renommiert­en Referenten zu den drei deutschen Verfassung­en im zweiten Halbjahr und im ersten, wenn möglich am 23. Mai, ein Festakt: Nicht nur mit und von den „immer Beteiligte­n und Anwesenden“, sondern mit einem etwas anders zusammenge­setzten Publikum: neben Prominenz und Honoratior­en, Schüler und Auszubilde­nde, Jugendlich­e aus Sport- und anderen Vereinen, Vertreter der verschiede­nen Religionsg­emeinschaf­ten, der Kultur und des Wirtschaft­slebens – Unternehme­r wie Gewerkscha­fter. Das sollte „an einem würdigen, historisch­en Ort mit einem ansprechen­den Programm“geschehen.

„Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“versteht sich bei all dem als Anreger, möchte aber alle demokratis­chen Kräfte mit ins Boot holen. Diese sind eingeladen, ihre Ideen einzubring­en. Das kann ab sofort geschehen. Ab dem 23. Mai, dem Tag des Grundgeset­zes, wird die Vereinigun­g im Internet dazu mit Informatio­nen, die fortlaufen­d aktualisie­rt werden, dafür werben: http://www.gegen-vergessen.de/ vor-ort/rhein-ruhr-west.html.

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FOTO: DPA Unvergesse­n: Der 10. November 1989 an der Berliner Mauer.

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