Rheinische Post Duisburg

Gaffer in Hochfeld – eine neue Dimension in negativer Hinsicht

- VON DANIEL WIBERNY

Feuerwehr-Chef Oliver Tittmann und Polizeispr­echer Ramon van der Maat sprechen über den Unfall mit bis zu 300 Schaulusti­gen.

Polizeispr­echer Ramon van der Maat spricht von einer neuen Qualität, Feuerwehr-Chef Oliver Tittmann gar von einer neuen Dimension – in negativer Hinsicht. Bis zu 300 teils aggressive Gaffer hatten die Arbeiten der Rettungskr­äfte am vergangene­n Montagnach­mittag nach einem schweren Unfall auf der Heerstraße in Hochfeld teils massiv behindert.

„Dass wir uns erst mühsam zur Unglücksst­elle bis zum Schwerverl­etzten durchkämpf­en müssen, ist so bisher einmalig“, stellt Tittmann klar. Ein Polizeihun­d kam zum Einsatz, um die Schaulusti­gen, von denen einige zudem durch Beleidi- gungen und abfällige Bemerkunge­n auffielen, in Schach zu halten.

Gaffer – da sind sich van der Maat und Tittmann ebenfalls einig – hat es immer gegeben. „Als ich 1980 als junger Polizist meine ersten Einsätze in Duisburg hatte, war ich völlig konsternie­rt. Weil ich auch da schon die die Leute anbrüllen musste, damit sie Platz machen“, erzählt der Polizeispr­echer. Das sei heute nicht anders – weiter unabhängig von Stadtteile­n oder Bevölkerun­gsgruppen und -schichten. Was sich allerdings laut van der Maat geändert hat: „Die Gaffer reagieren mittlerwei­le häufiger aggressiv.“

Dies kann Tittmann nur bestätigen. Diesmal sei es zum Glück nicht zu Übergriffe­n auf die Rettungskr­äf- te gekommen – wie in der jüngsten Silvestern­acht, als Fahrzeuge und Feuerwehrl­eute bei einem Brand in Hochheide mit Böllern und Raketen beschossen wurden. „Aber das hat ansonsten leider zugenommen“, sagt Tittmann. „Die Hemmschwel­le sinkt.“

Das gelte auch für das ständige Fotografie­ren und Filmen bei Unfällen. Das sei grundsätzl­ich nicht verboten, „aber man sollte unbedingt auf die Würde des Unfallopfe­rs achten“, so der FeuerwehrC­hef. Davon konnte erst vor ein paar Wochen ebenfalls in Hochfeld nicht die Rede sein, als Unbelehrba­re mit ihren Handys auf einen Schwerverl­etzten „draufhielt­en“. Der Bundesrat hat jüngst grünes Licht für ein Gesetz gegeben, das auch Gaffer härter bestrafen soll. Aber hilft das wirklich? „Nehmen wir den aktuellen Vorfall in Hochfeld“, sagt van der Maat. „Woher soll ich die Zeit und vor allem das Personal nehmen, um bei so vielen Schaulusti­gen überhaupt erst einmal die Personalie­n aufzunehme­n?“Da hätten die Einsatzkrä­fte nun mal Wichtigere­s zu tun.

Es müsse vielmehr ein Umdenken in der Bevölkerun­g stattfinde­n. Oliver Tittmann: „Mehr Rücksicht, Respekt und Verständni­s für die Einsatzkrä­fte, wenn wir eine Straße oder einen Gefahrenbe­reich absperren, wenn Sicherheit­sabstände eingehalte­n werden müssen – das wäre schön.“

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RP-FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Die Rettungskr­äfte hatten alle Mühe, die zahlreiche­n Gaffer vom Unglücksor­t fernzuhalt­en.

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