Auf Tuchfühlung mit der Politik
Justin Hildebrandt durfte auf Einladung der SPD zu den Jugendpressetagen nach Berlin. Der Schüler der Heinrich-HeineGesamtschule hatte eine spannende Zeit.
RHEINHAUSEN Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link fand er „okay“, wobei: „Mir gefällt nicht alles, was man von ihm hört. Der FDPKandidat Thomas Wolters wirkt sympathischer.“Auch NRWs Ex-Innenminister Ralf Jäger hat Justin kennengelernt, bei einem SpeedDating mit Politikern an seiner Schule. „Der war irgendwie herablassend“, urteilt er. „Mir kam es so vor, als ginge es ihm eher um eine Show, als um Politik.“Das hat er jetzt davon, möchte man kurz nach der NRW-Wahl hinzufügen – und Justin Hildebrandt, 16, grinst vielsagend.
Wer mit dem Elftklässler der Rheinhauser Heinrich-Heine-Gesamtschule spricht, kann sich von einem Vorurteil verabschieden: Von wegen jungen Leuten sei Politik gleichgültig. Justin schüttelt den Kopf. „Das stimmt nicht.“Er jedenfalls ist gerade von der Jugendpressekonferenz in Berlin zurückgekehrt, wohin er mit der SPD gereist ist und liebäugelt jetzt mit einer politischen Laufbahn. „Journalismus ist aber auch gut. Vielleicht im Nebenjob.“
Justin nimmt man das ab. Er engagiert sich in der SV – der Organismus Politik, so sagt er, hätte ihn „eigentlich immer“interessiert. Da passt es gut, dass politische Bildung an der Heinrich-Heine-Gesamtschule mit auf dem Stundenplan steht. „In diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt Erziehung zur Demokratie“, berichtet Schulleiter Günter Derksen. Es gab Politikerbesuche und Debatten. Und jetzt die BerlinReise, zu der die SPD um die Rheinhauser MdB Bärbel Bas eingeladen hatte.
Im Rahmen von zwei Sozialwissenschaftskursen konnten sich die Gesamtschüler um ein Ticket bewerben. „18 wollten mit“, zieht Sozialwissenschaftslehrerin Nerim Durdubas Bilanz. „Nur drei reichten das Motivationsschreiben auch ein.“Die SPD entschied sich für Justin. Bei ihm sei das Interesse besonders deutlich geworden.
Und so stieg Justin Hildebrandt (Lieblingsfach: Philosophie, Hobbys: Zeichnen, Comics, insbesondere Anime) Mitte Mai in den Zug Richtung Hauptstadt. „Drei Tage und zwei Nächte im Holiday Inn“, fasst er zusammen. 82 junge Leute aus dem ganzen Land waren dabei, nahezu jeder Wahlkreis war vertreten. Justin erzählt. Am ersten Tag ging es durchs Paul-Löbe-Haus am Platz der Republik, dann standen verschiedene Workshops zur Wahl. „Ich als Duisburger habe mich na- türlich für das Thema Integration entschieden.“
Die Debatte mit Karamba Diaby, Sozialdemokrat mit senegalesischen Wurzeln, hat ihn beeindruckt, ebenso Berichte von Teilnehmern, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. „Karamba Diaby hat sich tatsächlich einiges aufgeschrieben, etwa, dass sie jemandem den Pass weggenommen haben, und will sich darum kümmern.“Danach? Sightseeing rund ums Brandenburger Tor.
Tags drauf empfing sie SPD-Generalsekretärin Katarina Barley im Willy-Brandt-Haus. Sie hat Justin gut gefallen, weil sie nicht so künst- lich wirkte, „nicht so politisch überkorrekt.“Danach gab es eine Pressekonferenz – allerdings nicht wie angekündigt mit SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann, sondern mit einem Finanzpolitiker, dessen Name Justin entfallen ist. Das fand er eher langweilig. „Ich hatte keine Fragen zu Finanzen.“Umso mehr prägte sich der Besuch der RTL-Studios ein, der außerdem auf dem Programm stand. „Die wissen, dass sie einen schlechten Ruf haben“, wundert sich Justin. „Aber das stört sie nicht. Sie sagen: Das wird geguckt, also ist es in Ordnung. Das ist zwar ein kapitalistischer Gedanke, aber vertretbar.“
Am dritten Tag besuchte die Jugendgruppe eine Debatte im Plenarsaal des Bundestags. Thema: Historische Solidarität gegenüber der Ukraine. Auch das fand Justin mäßig spannend. Später wäre es ums Grundgesetz gegangen und um ein Verbot der NPD – das hätte ihn mehr interessiert.
Sein Fazit? „Berlin war gut!“Was besonders? „Na, mit den anderen Teilnehmern, Politikern und Journalisten in Kontakt zu treten.“Künftig will er auf jeden Fall dabei bleiben und sich aktiv in der Jugendorganisation einer Partei engagieren. Ob SPD oder lieber FDP – das weiß er allerdings noch nicht.