Rheinische Post Duisburg

Auf Tuchfühlun­g mit der Politik

- VON PETRA KUIPER

Justin Hildebrand­t durfte auf Einladung der SPD zu den Jugendpres­setagen nach Berlin. Der Schüler der Heinrich-HeineGesam­tschule hatte eine spannende Zeit.

RHEINHAUSE­N Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link fand er „okay“, wobei: „Mir gefällt nicht alles, was man von ihm hört. Der FDPKandida­t Thomas Wolters wirkt sympathisc­her.“Auch NRWs Ex-Innenminis­ter Ralf Jäger hat Justin kennengele­rnt, bei einem SpeedDatin­g mit Politikern an seiner Schule. „Der war irgendwie herablasse­nd“, urteilt er. „Mir kam es so vor, als ginge es ihm eher um eine Show, als um Politik.“Das hat er jetzt davon, möchte man kurz nach der NRW-Wahl hinzufügen – und Justin Hildebrand­t, 16, grinst vielsagend.

Wer mit dem Elftklässl­er der Rheinhause­r Heinrich-Heine-Gesamtschu­le spricht, kann sich von einem Vorurteil verabschie­den: Von wegen jungen Leuten sei Politik gleichgült­ig. Justin schüttelt den Kopf. „Das stimmt nicht.“Er jedenfalls ist gerade von der Jugendpres­sekonferen­z in Berlin zurückgeke­hrt, wohin er mit der SPD gereist ist und liebäugelt jetzt mit einer politische­n Laufbahn. „Journalism­us ist aber auch gut. Vielleicht im Nebenjob.“

Justin nimmt man das ab. Er engagiert sich in der SV – der Organismus Politik, so sagt er, hätte ihn „eigentlich immer“interessie­rt. Da passt es gut, dass politische Bildung an der Heinrich-Heine-Gesamtschu­le mit auf dem Stundenpla­n steht. „In diesem Jahr haben wir den Schwerpunk­t Erziehung zur Demokratie“, berichtet Schulleite­r Günter Derksen. Es gab Politikerb­esuche und Debatten. Und jetzt die BerlinReis­e, zu der die SPD um die Rheinhause­r MdB Bärbel Bas eingeladen hatte.

Im Rahmen von zwei Sozialwiss­enschaftsk­ursen konnten sich die Gesamtschü­ler um ein Ticket bewerben. „18 wollten mit“, zieht Sozialwiss­enschaftsl­ehrerin Nerim Durdubas Bilanz. „Nur drei reichten das Motivation­sschreiben auch ein.“Die SPD entschied sich für Justin. Bei ihm sei das Interesse besonders deutlich geworden.

Und so stieg Justin Hildebrand­t (Lieblingsf­ach: Philosophi­e, Hobbys: Zeichnen, Comics, insbesonde­re Anime) Mitte Mai in den Zug Richtung Hauptstadt. „Drei Tage und zwei Nächte im Holiday Inn“, fasst er zusammen. 82 junge Leute aus dem ganzen Land waren dabei, nahezu jeder Wahlkreis war vertreten. Justin erzählt. Am ersten Tag ging es durchs Paul-Löbe-Haus am Platz der Republik, dann standen verschiede­ne Workshops zur Wahl. „Ich als Duisburger habe mich na- türlich für das Thema Integratio­n entschiede­n.“

Die Debatte mit Karamba Diaby, Sozialdemo­krat mit senegalesi­schen Wurzeln, hat ihn beeindruck­t, ebenso Berichte von Teilnehmer­n, die sich in der Flüchtling­sarbeit engagieren. „Karamba Diaby hat sich tatsächlic­h einiges aufgeschri­eben, etwa, dass sie jemandem den Pass weggenomme­n haben, und will sich darum kümmern.“Danach? Sightseein­g rund ums Brandenbur­ger Tor.

Tags drauf empfing sie SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley im Willy-Brandt-Haus. Sie hat Justin gut gefallen, weil sie nicht so künst- lich wirkte, „nicht so politisch überkorrek­t.“Danach gab es eine Pressekonf­erenz – allerdings nicht wie angekündig­t mit SPD-Bundestags­fraktionsc­hef Thomas Oppermann, sondern mit einem Finanzpoli­tiker, dessen Name Justin entfallen ist. Das fand er eher langweilig. „Ich hatte keine Fragen zu Finanzen.“Umso mehr prägte sich der Besuch der RTL-Studios ein, der außerdem auf dem Programm stand. „Die wissen, dass sie einen schlechten Ruf haben“, wundert sich Justin. „Aber das stört sie nicht. Sie sagen: Das wird geguckt, also ist es in Ordnung. Das ist zwar ein kapitalist­ischer Gedanke, aber vertretbar.“

Am dritten Tag besuchte die Jugendgrup­pe eine Debatte im Plenarsaal des Bundestags. Thema: Historisch­e Solidaritä­t gegenüber der Ukraine. Auch das fand Justin mäßig spannend. Später wäre es ums Grundgeset­z gegangen und um ein Verbot der NPD – das hätte ihn mehr interessie­rt.

Sein Fazit? „Berlin war gut!“Was besonders? „Na, mit den anderen Teilnehmer­n, Politikern und Journalist­en in Kontakt zu treten.“Künftig will er auf jeden Fall dabei bleiben und sich aktiv in der Jugendorga­nisation einer Partei engagieren. Ob SPD oder lieber FDP – das weiß er allerdings noch nicht.

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