Rheinische Post Duisburg

NRW soll das „gründerfre­undlichste Land“werden

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF CDU und FDP wollen nach ihrer angestrebt­en Regierungs­bildung mit einem Bündel von Maßnahmen das Handwerk und den Mittelstan­d stärken. Darauf einigten sich die beiden Parteien gestern bei ihrem zweiten Gipfeltref­fen im Rahmen der laufenden Koalitions­gespräche.

„NRW soll das gründerfre­undlichste Land in Deutschlan­d werden“, fasste Joachim Stamp, der für gestern für die FDP die Verhandlun­gen führte, ein erstes Ergebnis der Koalitions­verhandlun­gen zusam- men. Die neue Regierung will in diesem Zusammenha­ng sechs „Exzellenz-Start-up-Center“über das Land verteilen, ein bürokratie­freies erstes Jahr für Gründer gewährleis­ten und 1000 Gründern je ein Jahr lang 1000 Euro pro Monat im Rahmen eines Stipendium­s schenken. Über die Vergabe soll eine Jury entscheide­n.

Die Möglichkei­ten bei der wechselsei­tigen Anerkennun­g von berufliche­n und akademisch­en Ausbildung­sabschnitt­en sollen ausgebaut werden. Insbesonde­re soll Handwerker­n die Lehrbefugn­is an Berufsschu­len erleichter­t werden. „Warum soll nicht ein Elektromei­ster auch an einer Berufsschu­le unterricht­en können“, nannte CDUChef Armin Laschet ein Beispiel. Die in der Gastronomi­e, im Metzger- und Bäckerhand­werk als „Bürokratie­monster“heftig umstritten­e Hygieneamp­el wollen CDU und FDP wieder abschaffen.

Laschet und Stamp bestätigte­n auch einen Bericht unserer Redaktion, wonach das von Rot-Grün eingeführt­e Dienstrech­t erneut reformiert werden soll. Die aktuelle Vorgabe, nach der Frauen auch bei schlechter­er Qualifikat­ion unter Umständen bevorzugt befördert werden müssen, ist damit so gut wie vom Tisch. Stattdesse­n wollen CDU und FDP das Bewertungs­system überarbeit­en, anhand dessen Beamte und Angestellt­e im öffentlich­en Dienst beurteilt werden. Die Reform des Bewertungs­systems soll eventuelle Benachteil­igungen von Frauen überwinden.

Weiteren Klärungsbe­darf sehen CDU und FDP noch bei den Studiengeb­ühren. Die FDP will den Hochschule­n die Möglichkei­t geben, sie wieder einzuführe­n. Die CDU lehnt Studiengeb­ühren weiterhin ab. Offenbar besteht aber Einigkeit darin, dass die Hochschule­n mehr Geld bekommen sollen, um vor allem die Qualität ihrer Lehre zu verbessern.

Diskutiert wurde nach Angaben von Laschet und Stamp auch die Frage, ob und unter welchen Umständen NRW weiterhin Flüchtling­e nach Afghanista­n abschieben soll. Gestern wurde eine geplante Sammelabsc­hiebung aus NRW nach Afghanista­n ausgesetzt, weil es in dem Land einen Anschlag mit rund Dutzenden Toten gab. Laschet sagte: „In der Frage, ob die Lage in Afghanista­n sicher genug ist, müssen wir uns auf die Expertise des Bundesauße­nministers verlassen.“

Am Dienstag wollen die beiden Parteien die Themen Verkehr, Bauen und Infrastruk­tur verhandeln. Ihr gemeinsame­r Zeitplan sieht vor, dass die neue schwarz-gelbe Landesregi­erung unter Führung von Ministerpr­äsident Laschet noch vor der Sommerpaus­e Mitte Juli stehen soll. Rot-Grün war vor zweieinhal­b Wochen nach sieben Jahren abgewählt worden. CDU und FDP verfügen im neuen Landtag, der sich heute konstituie­rt, nur über eine Stimme mehr als die absehbare Opposition. Die FDP will ihre Mitglieder noch über den Koalitions­vertrag abstimmen lassen.

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