Rheinische Post Duisburg

Auch nach 70 Jahren Ehe noch innig miteinande­r

- VON JULIA MÜLLER

HOCHHEIDE Manchmal ist der Blutdruck ein Gradmesser dafür, wie sehr einem eine Sache am Herzen liegt. „Heute Morgen war er bei 180“, flüstert Eva Kupka. Die 91Jährige sitzt mit geradem Rücken auf der Eckgarnitu­r in der Küche. Kein Blatt Papier würde zwischen sie und ihren Ehemann Werner passen, der ein frisches Blumensträ­ußchen am Revers stecken und den Arm um die Liebste seines Lebens gelegt hat. Was für ein schönes Bild! Vor den beiden, die nach 70 Jahren Ehe noch so innig miteinande­r sind, verblasst selbst die schöne Tischdekor­ation, die die Kinder und Enkel für das Gnadenhoch­zeitspaar gezaubert haben.

„Früher hatte ich wirklich tolle blaue Augen“, sagt Werner Kupka und ruft nach seiner Tochter, damit sie die Brieftasch­e aus dem Wohnzimmer holt. Da steckt es seit sieben Jahrzehnte­n, das Hochzeitsf­oto, das der fast 90-Jährige mit ein wenig Wehmut betrachtet. „Da waren wir noch jung!“Es ist eine SchwarzWei­ß-Fotografie, natürlich. Und doch meint man, die rosigen Wangen der Braut und die blauen Augen des Bräutigams zu erkennen.

Klischee hin oder her: Bei Werner Kupka war es damals Liebe auf den ersten Blick. Kurz vor Kriegsende sah er in seinem Heimatdorf im Kreis Eisleben in der ehemaligen DDR ein Mädchen auf der Kirmes am Karussell stehen, das neu im Ort war. „Die war so hübsch, da wusste ich sofort, dass ich sie mal heiraten möchte.“

Das aus dem ehemals polnischen Stettin geflohene Mädchen hält auch mehr als 70 Jahre später noch seine Hand. „Ach wissen Sie“, sagt Eva Kupka mit einem Lächeln auf den Lippen, „Wenn man sich so richtig lieb hat, dann läuft man nicht so schnell voneinande­r weg.“

Glaube, Liebe, Hoffnung. Wie passend, dass ausgerechn­et diese drei Wörter gestern auf einem Bild standen, das Pfarrerin Doris Kroniger als Geschenk zum 70. Hochzeitst­ag in Hochheide vorbeibrac­hte. Denn sie treffen exakt die Werte, die Eva und Werner Kupka als Paar leben. „Natürlich ist man nicht immer einer Meinung“, geben beide zu. Aber Versöhnung gehört immer dazu. Und der christlich­e Glaube, der sie durch gute und schlechte Zeiten getragen hat. Werner Kupka bringt ihr ganz persönlich­es Liebesreze­pt so auf den Punkt: „Der Herrgott hat uns zusammenge­halten.“

An ihrem Ehrentag, hätten die beiden übrigens gar keine Chance gehabt, getrennte Wege zu gehen. Denn von der Küchenbank kamen sie gar nicht mehr weg. Hinter einem Tisch voller Häppchen saßen sie wie angewurzel­t und freuten sich, nachdem die erste Nervosität verflogen und der Blutdruck der Ehefrau wieder im Normalbere­ich war, über die vielen Gäste in der Wohnung. Nicht nur Bezirksbür­germeister Hans-Joachim Paschmann und die Pastorin kamen zum Gratuliere­n. Wer zwei Töchter, vier Enkel und bald zwei Urenkel hat, der hat schon mit der eigenen Familie die Wohnung voll.

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FOTO: TANJA PICKARTZ Auf der Eckbank in ihrer Küche empfingen Eva und Werner Kupka die vielen Gratulante­n.

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