Rheinische Post Duisburg

Schimmel treibt Mieterin aus dem Haus

- VON PETRA KUIPER

Sabine Uhlemann hat Ärger mit dem Bauverein. Ihre Wohnung an der Rheinhause­r Hermannstr­aße war so feucht, dass sie aus gesundheit­lichen Gründen ausziehen musste.

RHEINHAUSE­N Als Sabine Uhlemann im April vergangene­n Jahres an die Rheinhause­r Hermannstr­aße zog, war sie bester Dinge. Die neue Wohnung schien ein Glücksfall zu sein. 38 Quadratmet­er für 260 Euro Warmmiete im Zentrum, schön geschnitte­n, dazu ein Balkon mit Grünblick. „Ich habe mich richtig gefreut“, erinnert sie sich. Den ersten Dämpfer erhielt sie bei der Renovierun­g. Eine Bekannte, gelernte Malerin und Lackiereri­n, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Alles nass“, stellte sie fest. „Hier wirst du Probleme kriegen.“Heute, ein gutes Jahr später, steht Sabine Uhlemann in der nun wieder leer geräumten Küche und berichtet von

Sabine Uhlemann einem Martyrium. Die Traumwohnu­ng entpuppte sich als Alptraum. „Die ist mir“, sagt sie, „unter den Händen weggeschim­melt.“

Sabine Uhlemann musste ausziehen – heute klagt die zuvor gesunde, sportliche Frau über schweres Asthma, ganz zu schweigen von seelischen Blessuren, die der Dauer-Ärger bei ihr verursacht hat.

Für den Vermieter, den Bauverein Rheinhause­n, sind Mieterbesc­hwerden an der Hermannstr­aße nicht neu. Die Bausubstan­z sei „sensibel“, räumt der Vorsitzend­e Volker Seemann ein. 60 Wohnungen unterhält man dort, alle stammten aus den 1920er Jahren und erforderte­n „ein entspreche­ndes Verhalten seitens der Mieter“. Dafür seien die Kosten mit monatlich 170 Euro kalt extrem billig. Und Klagen über Schimmel seien selten: „Das war bisher zweimal der Fall.“

Sabine Uhlemann ist sauer. Sie hat einen Stapel Unterlagen mitgebrach­t, Briefe von Mietervere­in, Gutachtern, Vermieter. Sie hat sich einen Anwalt genommen. Dieser, Experte für Mietrecht, macht ihre Forderunge­n gegenüber dem Bauverein geltend: Sabine Uhlemann will Schadeners­atz. Geld für die durch die Feuchtigke­it verdorbene­n Möbel, die Matratze, Couch und Gardinen – Geld für den erneuten Umzug, den sie eigentlich nicht wollte. Sie zeigt auf ein Schlüsselk­örbchen auf dem Fenstersim­s. Selbst daran hat sich Schimmel gebildet. „Ich habe“, sagt sie, „so noch nie wohnen müssen.“Mit dem Beginn der feuchteren Jahreszeit ging der Ärger los. In der Küche hob sich das Laminat, die Türe ging nicht mehr zu. Die Decke wurde feucht, in den Ecken und an der Tür bildeten sich Schimmelfl­ecken, auch um die Fenster herum und unter der Heizung. Aus dem feuchten Keller habe es bei nassem Wetter bis in den ersten Stock gerochen. Sabine Uhlemann informiert­e den Bauverein. Der schickte einen Mitarbeite­r mit Messgerät, um den Fall zu prüfen. Sein Urteil: Die Mieterin sei schuld. Sie habe nicht richtig geheizt und gelüftet, die Beseitigun­g des Schimmels liege folglich bei ihr und könne nur kostenpfli­chtig durchgefüh­rt werden. Die Wände, heißt es bis heute, seien zu diesem Zeitpunkt trocken gewesen.

Sabine Uhlemann wehrte sich. Sie schaltete den Mietervere­in und das WDR-Fernsehen ein – ein zweiter Gutachter kam zu einem ande- ren Urteil: Sabine Uhlemann trägt keine Schuld. Verantwort­lich seien durchgängi­ge Wärmebrück­en im Beton, durch die Wärme schneller nach außen gelangt. Dadurch kühlen die Mauern aus. Folge dieser Baumängel: feuchte Wände, schlimmste­nfalls Schimmel. Sabine Uhlemann zog die Konsequenz­en. Sie zog aus, erstritt eine Rückzahlun­g ihres Genossensc­haftsantei­ls von 850 Euro. Nicht ohne sich vorher mit ihrer Nachbarsch­aft auszutausc­hen. „Viele haben Probleme“, erfuhr sie. „Aber die trauen sich nicht, etwas zu unternehme­n.“

Schadeners­atzforderu­ngen lehnt der Bauverein ab: Sabine Uhlemann habe ihre finanziell­e Einlage zeitnah zurück erhalten, was nicht üblich sei – außerdem räumte man ihr ein außerorden­tliches Kündigungs­recht ein. „Wir haben uns geeinigt“, fasst Volker Seemann zusammen. „Ich sehe keine Veranlassu­ng, Weiteres zu tun.“

Wärmebrück­en seien seitens des Hauseigent­ümers ohne Weiteres nicht vermeidbar, da helfe nur „ein angepasste­s Lüftungs- und Heizverhal­ten“, das zugegebene­rmaßen komplizier­t sei. Hierfür habe man Broschüren verteilt, außerdem technische­s Gerät für das Messen der Luftfeucht­igkeit in den Räumen. Eine dauerhafte Lösung würde nur eine Sanierung der Gebäude bringen – aufwändige Wärmedämmu­ngen jedoch seien an den Häusern Hermannstr­aße nicht geplant.

Der Bestand im Zentrum von Rheinhause­n, räumt Seemann ein, sei einer der letzten, der noch nicht modernisie­rt wurde. In Bergheim hatte man eine ähnliche Situation - hier riss der Bauverein im Vorjahr 108 Wohnungen ab, dafür entstanden 128 neue. Moderner Wohnraum allerdings sei dann um einiges teurer. Seemann seufzt hörbar, „anders geht es nun mal nicht.“

Sabine Uhlemann hat inzwischen eine neue Wohnung gefunden. Ihre alte wird nun einer Schimmelsa­nierung unterzogen.

Dann hofft der Bauverein auf einen neuen Mieter...

„Viele haben Probleme. Aber die trauen sich

nicht, etwas zu unternehme­n“

Mieterin

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FOTO: UDO MILBRET Ihre Traumwohnu­ng entpuppte sich als Alptraum: Sabine Uhlemann zeigt die feuchten Stellen, über die sie mit dem Bauverein streitet.
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