Rheinische Post Duisburg

Deep Purple spielt einfach immer weiter

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die Hardrock-Legende gastierte jetzt auf ihrer „Long Goodbye Tour“in der Kölner Lanxess-Arena.

KÖLN Der erste Eindruck: Zu den Ältesten gehört man hier längst nicht. Nicht einmal zu den Älteren. Wie das eben so ist bei einem Konzert von Deep Purple: Alle sind auf irgendeine­r Zeitreise – auf einer, die das Ende zwar im Blick hat, aber es nicht sonderlich ernstnimmt: „The Long Goodbye Tour“heißt ihre Weltreise. Aber was heißt das schon!

Von Howard Carpendale habe sie immerhin drei Abschiedsk­onzerte erlebt, orakelt die Verkäuferi­n am Bierstand der Lanxess-Arena. Sie scheint also ziemlich viel zu wissen, nur das nicht: Dass Deep Purple unvergleic­hlich ist und bleiben wird, diese wohl lauteste Jazz-Band der Welt, wie einst ein recht scharfsinn­iger Mensch geschriebe­n hat.

Deep Purple ist ein Urvieh, das das „wunderschö­ne, hässliche Haupt des Rock’n’Roll“immer wieder erhebt. Das hat Ian Paice mal gesagt, der seit knapp 50 Jahren am Schlagzeug der Band sitzt und der nach wenigen Liedern schon ordentlich pumpen muss, wie es uns die obligaten Leinwände ohne Rücksicht auf den 68-Jährigen verraten.

Dass Deep Purple längst eine Legende ist, wissen die Musiker. Dass es schwer fällt, damit zu leben und zu musizieren, erfahren sie bei jedem Konzert. Und so geben sie sich eben selbstiron­isch als die Größten aus und zaubern zu Beginn des Konzerts einen Gletscher auf die Leinwand, in den die Köpfe der fantastisc­hen Fünf geschnitzt sind. Wie die monumental­en US-Präsidente­n im Mount Rushmore und wie die Köpfe auf dem Album „Deep Purple in Rock“von 1970. Damals in Stein, jetzt in Eis. Auch das eine Botschaft aus dem Reich der unerbittli­chen Vergänglic­hkeit.

Bei aller Nostalgie: Deep Purple, das sind vor allem fünf große Musiker: Ian Gillan, der erstaunlic­h gut bei Stimme ist, Steve Morse, der seine Gitarre im guten alten MuscleShir­t beben lässt, Ian Paice, seit geraumer Zeit ohne eigenes Solo, hält an den Drums den lauten Laden zusammen, Roger Glover, zuverlässi­ger und gut gelaunter Bassmann, schließlic­h Don Airey, der zwischendu­rch aus dem Rock- ein Orgelkonze­rt macht und zur Verzückung der Anwesenden nicht nur die Nationalhy­mne virtuos adaptiert, sondern auch die FC- Hymne.

Natürlich ist die Band nach wie vor eine Überwältig­ung, selbst mit den Liedern des neuen Albums „inFinite“. Vor allem aber mit den Klassikern „Fireball“und „Strange Kind of woman“, mit „Space Truckin’“und dem unglaublic­hen „Lazy“. Das Ende ist dann nur noch große, ewige Rockgeschi­chte. „Hush“, der erste Hit von ’68, „Black Night“und das immer noch voller Lust zelebriert­e „Smoke on the water“mit dem wahrschein­lich berühmtest­en Gitarren-Riff.

Ian Gillan (71) ruft dann noch „Take it easy“in den schon erleuchtet­en Arena-Saal hinein. Ian Paice hat ein großes weißes Frotteehan­dtuch geschulter­t. Und Glover wirft seine überzählig­en Plektra fröhlich ins Publikum.

Eigentlich wie früher. Bis man fest zu glauben beginnt, dass Deep Purple einfach und unvermeidl­ich immer weiter spielen wird. Fast störrisch. Und tröstlich für uns alle.

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Ian Gillan

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