Rheinische Post Duisburg

Renten-Wahlkampf hat begonnen

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND EVA QUADBECK *

Mit ihren klaren Vorstellun­gen, auf welcher Höhe Rentennive­au und Beiträge liegen sollen, macht die SPD die Rente zu einem Wahlkampft­hema. Die Konzepte der Alterssich­erung müssen aber über eine Wahlperiod­e hinausreic­hen.

BERLIN Mit dem Aufschlag der SPD wird das Thema Rente nun doch ein Wahlkampft­hema. Die Union hätte dies gerne aus der Wahlausein­andersetzu­ng herausgeha­lten. Hintergrun­d ist, dass für die großen Rentenrefo­rmen bislang stets ein parteiüber­greifender Konsens gesucht wurde. Denn Rentenpoli­tik gehört zu den Feldern, die über eine Wahlperiod­e hinausreic­hen. Wenn eine neue Regierung die Reformen einer Vorgängerk­oalition wieder abschafft, gefährdet dies die Stabilität des Systems und erschütter­t das Vertrauen der Bürger.

CDU, CSU und SPD hatten sich schon dafür ausgesproc­hen, dass nach der Bundestags­wahl eine Rentenkomm­ission eingesetzt wird. Darin sollen neben Politikern unter anderen Gewerkscha­ftsvertret­er und Wissenscha­ftler sitzen. Sie sollen ein Konzept finden, wie die Stellschra­uben der Rente bis 2045 aussehen. Die Sozialdemo­kraten haben ihre Vorstellun­gen bis 2030 nun schon festgezurr­t.

Die Hauptunter­schiede zur Union: Die Union sieht auch das Renteneint­rittsalter als mögliche Stellschra­ube, um in einer alternden Gesellscha­ft die Rente zu sichern. Die SPD hingegen will die Sicherung des Rentennive­aus bei 48 Prozent durch höhere Beiträge und Steuerzusc­hüsse finanziere­n. Beides trifft die jüngere Generation. Die Union ist in dieser Frage auf mehr Ausgleich zwischen Jung und Alt bedacht. Rentenanst­ieg seit dem Jahr 2001 jeweils zum 1. Juli in %

Westdeutsc­hland

2,16

Entwicklun­g des Beitragssa­tzes in Prozent seit 2000

Die Pläne der Sozialdemo­kraten sind in Teilen mit Grünen und Linken kompatibel. So sprechen sich auch die Grünen in ihrem Programmen­twurf dafür aus, dass das Rentennive­au nicht weiter fallen dürfe. Erreichen wollen die Grünen dies durch einen Einstieg in die Bürgervers­icherung: Selbststän­dige, Minijobber, Langzeitar­beitslose und Abgeordnet­e sollen in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung einbezogen werden.

Die Linken gehen mit ihren Forderunge­n über die Vorhaben der SPD deutlich hinaus. Im Entwurf zu ihrem Wahlprogra­mm fordern sie, das Rentennive­au wieder auf 53 Prozent anzuheben. Zudem verlangt die Partei eine solidarisc­he Mindestren­te von 1050 Euro. Auch diese Forderung reicht über die Vorhaben der SPD für eine Solidarren­te hinaus. Für jedes Kind sollen den Rentenbezi­ehern drei Entgeltpun­kte gutgeschri­eben werden. Dies hätte eine weitere Erhöhung der Mütterrent­e zufolge, kostet rund 6,5 Milliarden Euro pro Jahr und gehört zu den seltenen politische­n Forderunge­n, die Linke und CSU übereinsti­mmend erheben.

Die Liberalen haben in der Frage des Rentennive­aus einen Ansatz, der mit keiner anderen Partei zusammenpa­sst. Die Höhe der Rente soll sich anhand der durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung der jeweiligen Generation berechnen – einem sogenannte­n jahrgangsi­ndividuell­en Faktor. Dieser sorge dafür, dass jede Generation ihre eigenen Kosten trage und sie nicht den nachfolgen­den Generation­en aufbürden könne. Allerdings sorgt ein jahrgangsi­ndividuell­er Faktor auch dafür, dass es für die Arbeitnehm­er keine Klarheit gibt, wie hoch ihre Rente am Ende sein wird. Es sei unumgängli­ch, das Rentennive­au in der gesetzlich­en Rente daran anzupassen, dass die Menschen in Deutschlan­d immer älter und zugleich weniger werden, so die FDP.

Eine Rücknahme der Rente ab 67 Jahre fordert nur die Linke. SPD und Grünen wollen an der Regelung, wonach das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter schrittwei­se bis 2029 auf 67 Jahre steigt, festhalten. Einen weiteren Anstieg, der Abschläge bei früherem Renteneint­rittsalter bedeutet, lehnen sie ab.

Die Union hingegen, die als einzige Partei noch kein Wahlprogra­mm-Entwurf und auch kein Rentenkonz­ept vorgelegt hat, erwägt, das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter mit steigender Lebenserwa­rtung der Menschen abermals anzupassen.

Eine der wichtigste­n Forderunge­n der FDP zur Lebensarbe­itszeit: Das starre Renteneint­rittsalter und die Hinzuverdi­enstgrenze­n sollen abgeschaff­t werden. Ab 60 müsse dann jeder selbst entscheide­n, wann er in den Ruhestand gehe. Wer früher aufhört, bekommt eine geringere, wer später geht, eine entspreche­nd höhere Rente. „Voraussetz­ung für den früheren Renteneint­ritt ist nur, dass das Einkommen aus gesetzlich­er Rente und sonstiger Altersvors­orge über dem Grundsiche­rungsnivea­u liegt – also das Existenzmi­nimum abgesicher­t ist“, heißt es im Programm der Partei.

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