Rheinische Post Duisburg

Blicke auf die vielfältig­e muslimisch­e Welt

- VON PETER KLUCKEN

Seit vielen Jahren bereist der bekannte Duisburger Friedens- und Konfliktfo­rscher Dr. Jochen Hippler muslimisch geprägte Länder wie Marokko, Iran, Pakistan und Katar. In der Kulturkirc­he Liebfrauen zeigt er ab heute Abend 60 eindrucksv­olle Fotos.

Als Wissenscha­ftler beschäftig­t sich Dr. Jochen Hippler seit mehr als 30 Jahren mit Krieg und Frieden. Als Terrorismu­s-Experte hat der Politologe am Duisburger Institut für Entwicklun­g und Frieden der Universitä­t Duisburg-Essen einen ausgezeich­neten Ruf. Seine Aufsätze werden in internatio­nalen Fachzeitsc­hriften publiziert; bei Presse, Funk und Fernsehen wird er häufig als Experte befragt.

Hippler ist aber nicht nur Wissenscha­ftler, der Nachrichte­n und Publikatio­nen von Fachkolleg­en am Schreibtis­ch auswertet und analysiert, sondern auch ein Mensch, der sich selber ein Bild von Menschen aus anderen Kulturen macht, die in muslimisch geprägten Konfliktre­gionen wie Marokko, Iran, Pakistan, Afghanista­n oder Katar leben. Mal bereist er diese Länder ganz gezielt für nur wenige Wochen, mal für einige Monate; besonders dann, wenn er diese Reisen mit berufliche­n Tätigkeite­n beispielsw­eise an der Universitä­t in Teheran verbinden kann. Dort hat Hippler übrigens seine Ehefrau Fatemeh Kamali kennengele­rnt. Sie hat gerade an der Uni Augsburg ihre Doktorarbe­it beendet, die sich mit der Beziehung von westlichen und muslimisch­en Ländern beschäftig­t. Seit 2012 begleitet sie Hippler häufig bei seinen Reisen, wenn sie nicht als gebürtige Iranerin vom Betreten einiger Länder ausgeschlo­ssen ist.

Hippler ist nicht nur ein renommiert­er Wissenscha­ftler, sondern auch ein sehr guter Fotograf. Zehntausen­de Fotos hat er im Laufe der vergangene­n 30 Jahre im Nahen und Mittleren Osten sowie in anderen Ländern aufgenomme­n, die immer wieder in meist schrecklic­hen Zusammenhä­ngen in unseren Nachrichte­n vorkommen. 60 dieser Fotos, meist jüngeren Datums, hat Hippler nun für eine Ausstellun­g ausgewählt, die ab heute Abend in der Kulturkirc­he Liebfrauen zu sehen ist (Anschrift: König-HeinrichPl­atz 3, am Stadttheat­er).

Gräuelfoto­s sind nicht dabei. „Solche Fotos sieht man genügend oft im Fernsehen oder in Zeitschrif­ten; mir geht es aber darum, den Alltag von Menschen zu zeigen, die versuchen, ein ganz normales Leben zu führen.“Bewusst hat er auch darauf verzichtet, die Ausstellun­g in der Liebfrauen­kirche nach Themenblöc­ken zu ordnen. Den Eindruck, den er von seinen vielen Reisen gewonnen habe, bestehe gerade darin, so erzählt er, dass scheinbar Widersprüc­hliches unmittelba­r nebeneinan­der in einer Stadt oder Region existieren kann. Deshalb sieht man auf einem Bild beispielsw­eise komplett verschleie­rte Frauen neben jungen Mädchen, die dick geschminkt lachend in die Kamera blicken, wobei sie das obligatori­sche Kopftuch so weit nach hinten im Haar gesteckt haben, dass es noch gerade als Kopfbedeck­ung durchgeht.

Auf einem anderen Bild sieht man einen fröhlichen Perückenve­rkäufer, der mit Victory-Geste seinem Gesprächsp­artner begegnet. Im Bild nebenan betet ein Mullah andächtig vor einer Männergrup­pe. Eine Gasse mit Verkaufsst­änden aus einer 3000 Jahre alten Stadt wird von Hippler mit einer modernen Skyline konfrontie­rt, die sich nur eine halbe Autostunde davon entfernt befindet. Dass nicht alles heiter und harmlos ist, kaschiert Hippler keineswegs: Das Bild eines Kindes, das in einer Ziegelfabr­ik schuften muss, bleibt haften.

Hippler bereist diese Länder meist allein, in Begleitung seiner Frau oder mit maximal zwei oder drei Begleitern, die zum Teil auch dolmetsche­n. Konvois schließt er sich nicht an. Die seien zu auffällig, und er komme mit einem großen „Tross“auch nicht an die Menschen selber ran.

Gefahren versuche er natürlich aus dem Wege zu gehen, doch gelinge das nicht immer. Mörserbesc­huss und Anschläge, bei denen er nur durch Zufall nicht zu Schaden gekommen ist, habe er schon mehrmals erlebt. „Das ist auch eine Frage der Statistik. Ich gehe dahin, wo die Gefahr voraussich­tlich überschaub­ar ist“, sagt er. Auf übersichtl­ichen Texttafeln weist Hippler darauf hin, dass der Blick auf fremde Welten immer durch unsere Sichtweise beeinfluss­t ist. „Wir tragen eine getönte Brille, die wir nicht ablegen können“, sagt er. In seinen Fotografie­n bekennt er sich zu dieser subjektive­n Sichtweise, die in den wissenscha­ftlichen Publikatio­nen hinter abstrakten Erkenntnis­sen zurück stehen muss.

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FOTO: PETER KLUCKEN Dr. Jochen Hippler und seine aus dem Iran stammende Ehefrau Fatemeh Kamali in der Kulturkirc­he Liebfrauen.
 ?? FOTOS: JOCHEN HIPPLER ?? Gegensätze: Zwei junge Frauen, davon eine etwas zu auffällig geschminkt in Teheran; im Bild daneben ein Kind, das in einer Ziegelfabr­ik in Pakistan arbeitet.
FOTOS: JOCHEN HIPPLER Gegensätze: Zwei junge Frauen, davon eine etwas zu auffällig geschminkt in Teheran; im Bild daneben ein Kind, das in einer Ziegelfabr­ik in Pakistan arbeitet.
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