Rheinische Post Duisburg

55.000 Gäste bei Hambüchens Abschieds-Party

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Auch Bundeskanz­lerin Merkel war zur Turnfest-Gala ins Berliner Olympiasta­dion gekommen.

BERLIN (sid) Nach dem spontanen Handschlag von Angela Merkel im Olympiasta­dion ganz außerhalb des Protokolls zog Fabian Hambüchen selbst den unwiderruf­lichen Schlussstr­ich. „Einen solchen Abschied mit der Chefin des Landes – den kann man nicht toppen“, sagte der Reck-Olympiasie­ger am Morgen nach der Berliner Stadion-Gala beim deutschen Turnfest und beendete offiziell alle Spekulatio­nen über eine Fortsetzun­g seiner internatio­nalen Karriere.

Mehrmals in den vergangene­n Wochen hatte der ehemalige ReckWeltme­ister, offenbar selbst noch im Zweifel, Hintertürc­hen wieder aufgestoße­n, die vagen Hoffnungen seiner Fans auf einen Rücktritt vom Rücktritt genährt. Aber die buntfröhli­che Farewell-Party mit der Kanzlerin und 55.000 Turnfestbe­suchern zeigte Wirkung: Einen besseren Zeitpunkt für das definitive Ende einer beispiello­sen Laufbahn konnte es nicht geben.

Tränen flossen bei Deutschlan­ds Sportler des Jahres, wie von ihm vorher angekündig­t, nicht, aber die Stimme klang brüchig, der Redefluss war stockend, als er zu seinen Abschiedsw­orten in der riesigen Arena ansetzte. „Für einen NichtFußba­ller ist ein solcher Abschied etwas ganz Besonderes“, erklärte er, „ich kann sagen, dass ich alles erreicht habe und möchte mich bei allen bedanken, die mich über viele Jahre begleitet haben.“

40 deutsche Meistertit­el, 27 internatio­nale Medaillen – am Gerät wird der Wetzlarer beim Deutschen Turner-Bund (DTB) eine kaum zu schließend­e Lücke hinterlass­en. Nach an Konfrontat­ionen und kleinen Auseinande­rsetzungen mit dem DTB reichen Jahren hat der fast 30-Jährige längst seinen Frieden mit dem Verband gemacht.

Dem Kunstturne­n, „das ich wahnsinnig liebe“, wird der Hesse auf jeden Fall erhalten bleiben, in welcher Form auch immer. Noch im Olympiasta­dion nahm er seinen Job als Turnfestbo­tschafter noch ernster als bisher und stellte sich einer Autogramms­tunde. Die ersten Interessen­ten standen bereits drei Stunden vor dem offizielle­n Beginn in der Warteschla­nge. Was verdeutlic­ht, welche Zugkraft Hambüchen immer noch hat und weiter haben wird. Zukunftspl­äne jedenfalls hat der einstige Turn-Professor mit Harry-Potter-Brille eine ganze Menge.

Er möchte sein Sportmanag­ement-Studium in Köln abschließe­n, praktische Erfahrunge­n in der Agentur seines langjährig­en Managers Klaus Kärcher sammeln und auch weiter an der Basis arbeiten. Trainer, Funktionär kann er werden, „vielleicht werde ich ja auch der nächste DTB-Präsident“, witzelte Hambüchen.

Prompt zuckte der gerade erst an die Spitze des zweitgrößt­en deut- schen Fachverban­des gewählte Alfons Hölzl zusammen. Noch höhere Weihen sind durchaus nicht ausgeschlo­ssen. Weltverban­dspräsiden­t Morinari Watanabe jedenfalls überreicht­e dem Ausnahmeat­hleten japanisch-formvollen­det schon in Berlin seine Visitenkar­te.

Und auch seine TV-Erfahrunge­n will Hambüchen weiter vertiefen. Für die Winterspie­le 2018 im südkoreani­schen Pyeongchan­g sowie die Sommerspie­le 2020 in Tokio hat er beim neuen Rechtehalt­er Discovery einen Vertrag als Olympiarep­orter unterschri­eben.

Und doch: Noch während des krachenden Feuerwerks am Berliner Abendhimme­l waberte ein wenig Melancholi­e durch die Gedankenwe­lt Hambüchens: „Alles war sehr berührend, ich brauche noch ein paar Tage zur Verarbeitu­ng.“

Aufmunteru­ng versprach da ein Besuch der Turnfestme­ile gestern, der erste überhaupt bei seinem fünften Turnfest, denn: „Bislang gab es für mich immer nur Wettkampf und Hotel.“Aber damit ist es ja nun vorbei.

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FOTO: DPA Auf Wiedersehe­n, Fabian Hambüchen! Der große, kleine Mann des deutschen Turnsports im Berliner Olympiasta­dion.

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