Rheinische Post Duisburg

Oldtimer im Opernspiel­plan: „Parsifal“in Mannheim

- VON WOLFGANG JUNG

MANNHEIM (dpa) Mitten in einer turbulente­n Zeit mit Intendante­nwechsel feiert Wagners „Parsifal“in Mannheim ein spektakulä­res Bühnenjubi­läum. Seit 60 Jahren pilgern Musikfreun­de ins Nationalth­eater, um das Weihfestsp­iel in einer seit 1957 unveränder­ten Inszenieru­ng von Hans Schüler zu sehen. Das Mannheimer Musikdrama gilt damit als die wohl älteste Opernprodu­ktion im Repertoire deutschlan­dweit. Auch internatio­nal sind solche Theater-Oldtimer Raritäten. Der Vorstellun­g am 15. Juni – letzter „Parsifal“in Mannheim in diesem Jahr – fiebern Fans schon entgegen.

„Als ich hier begonnen habe, war ich überrascht von der tiefen Verbundenh­eit der Mannheimer zur Aufführung“, sagt Albrecht Puhlmann, der Mannheimer Opernchef. Für ihn ist das fünfstündi­ge Stück auch identitäts­stiftend im Verhältnis des Hauses zu seinen Besuchern. „Einerseits ist es ein Blick zurück in eine vermeintli­ch heile Theaterwel­t, anderseits steht die Botschaft des Mitgefühls glasklar im Zentrum“, meint Puhlmann. „Aus dem Blick zurück wird damit ein Blick nach vorn.“

Seit sechs Jahrzehnte­n wird Hans Schülers Inszenieru­ng in Mannheim ohne Änderung gespielt. Kein Intendant hat einen Neuanfang gewagt – auch nicht der innovation­sfreudige Burkhard C. Kosminski, der 2018 nach Stuttgart wechselt. Nachfolger Christian Holtzhauer, der aus Weimar kommt, dürfte dankbar sein für einen solch gut gepflegten Aufführung­sklassiker mit langer szenischer Haltbarkei­tsdauer.

Zwar müssen Intendante­n immer wieder Neues anbieten, um das Publikum bei Laune zu halten. Für „Parsifal“gilt das aber nicht. Seit der Premiere tritt das Ensemble in Originalko­stümen auf. Für das Publikum ist das Kult – es bestaunt die Inszenieru­ng auch als gelebte Theaterges­chichte. „Die Aufführung ist puristisch. Es gibt auf der Bühne fast nichts mehr“, sagt Puhlmann. Ein dezenter Hügel, ein paar Requisiten, ein Rundhorizo­nt sowie Projektion­en – das war’s. Effekte: Fehlanzeig­e. Moderne Anspielung­en: nichts davon. „Mönche sind Mönche“, sagt Puhlmann. Demnächst wird das Bühnenbild von Paul Walter generalübe­rholt. Die Inszenieru­ng dürfte damit lange weiter leben.

Legenden wie Waltraud Meier, Peter Hofmann und René Kollo haben schon im Mannheimer „Parsifal“gesungen. Zahllose Dirigenten und Requisiteu­re haben die Produktion sorgsam behütet. Ausverkauf­t ist „Parsifal“nahezu immer. Sobald das Stück über den Gralssuche­r angekündig­t wird, treffen Kartenwüns­che ein. Viele Musikfans reisen von weither an. In den Pausen verzehren sie Lunchpaket­e oder zählen im Foyer die bereits besuchten Vorstellun­gen auf.

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