Rheinische Post Duisburg

Menschen brennen innen und außen

- VON INGO HODDICK

Am morgigen Samstag, 10. Juni, um 19.30 Uhr, übernimmt die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg ihre neue Produktion der Oper „Don Carlo“von Giuseppe Verdi in ihr Duisburger Haus. Regisseur ist Guy Joosten.

Giuseppe Verdi (1813-1901) liebte die Werke Friedrich Schillers und fühlte sich ihm geistesver­wandt. Viermal vertonte er Stoffe des deutschen Dichters, zuletzt „Don Carlos“. 1867 wurde seine Vertonung an der Pariser Opéra in französisc­her Sprache und in fünf Akten uraufgefüh­rt, doch zunächst blieb der Erfolg aus. In den folgenden 20 Jahren sollte Verdi seine Oper siebenmal umarbeiten, bis an sein Lebensende fand er keine Version, die ihn endgültig zufriedens­tellte. 1884 wurde die vieraktige italienisc­he Fassung in Mailand uraufgefüh­rt, die heute gängig ist und im Januar dieses Jahres in Düsseldorf Premiere hatte.

Trotz aller Schwierigk­eiten handelt es sich dabei um ein differenzi­ertes Meisterwer­k. Für menschlich­e Beziehunge­n, ob Freundscha­ft oder Liebe, ist im Spanien Philipps II. kein Platz. Der König muss mit Marquis Posa einen Geistesver­wandten töten lassen, sein Sohn Carlo muss Elisabetta aufgeben, die ihm einst versproche­n war und nun seinen Vater heiraten musste, und verliert am Ende ebenfalls sein Leben. Allein die Macht des Großinquis­itors ist ungebroche­n und stärker denn je. Verdi findet hier erstmals zu einer Melodik, die ganz im Dienst des Dramas steht, und zu einer charakteri­sierenden Instrument­ation, etwa wenn der Idealist Posa mit leuchtend hohen Holzbläser­n umgeben wird.

Der Regisseur Guy Joosten zeigt in einem goldenen Überwachun­gsstaat (Bühne: Alfons Flores, angeregt durch den Palazzo dei Diamanti in Ferrara) im doppelten Sinne brennende Menschen: innerlich für ihre Ideale und äußerlich bei der Ketzerverb­rennung. Die Kostüme von Eva Krämer wirken historisch und staatstrag­end in den öffentlich­en Szenen, zeitlos und privat beim Kammerspie­l. Alle Figuren sind in dieser Inszenieru­ng Opfer der Macht eines Vaters – also eines Mannes, der „von oben“kommt, mit dem von der Kirche instrument­alisierten Gott an der Spitze. Die Traumszene zu Beginn ist inspiriert von dem historisch verbürgten Ereignis, dass dem geistig verwirrten Infanten Carlos zwecks Schockther­apie die Leiche Kaiser Karls V. ins Bett gelegt wurde. Die Titelparti­e singt der italienisc­he Tenor Gianlu- ca Terranova, der schon bei der Düsseldorf­er Premiere bejubelt wurde. Als Don Carlos Vater Filippo II. gastiert der in China geborene Bass Liang Li. Die irische Sopranisti­n Celine Byrne ist nach ihren Auftritten als Liù (in Giacomo Puccinis „Turandot“) in ihrer neuen Rolle als Elisabetta in Duisburg zu Gast. Wichtige Rollendebü­ts geben auch die beiden Ensemblemi­tglieder Sarah Ferede als Eboli und Bogdan Ba- ciu als Rodrigo di Posa. Die Macht der Kirche repräsenti­ert Sami Luttinen als Großinquis­itor an der Seite von Günes Gürle als Mönch. Die Duisburger Philharmon­iker spielen unter der Leitung von Rheinopern­Kapellmeis­ter Lukas Beikircher. Für die Übernahmep­remiere gibt es noch Karten, am einfachste­n unter der Telefonnum­mer 0203 / 283 62 100.

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ARCHIVFOTO: HANS JÖRG MICHEL In einem goldenen Überwachun­gsstaat brennen die Menschen im doppelten Sinne: innerlich für ihre Ideale und äußerlich bei der Ketzerverb­rennung.

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