Rheinische Post Duisburg

Klare „Wege zu Bach“geebnet

- VON INGO HODDICK

Im jüngsten, neunten Kammerkonz­ert in der Philharmon­ie Mercatorha­lle gastierte das Ensemble Cantus Cölln unter der Leitung von Konrad Junghänel mit Werken von Vorläufern und Vorbildern von Johann Sebastian Bach.

Ein erstklassi­ger Komponist wie Johann Sebastian Bach (1685-1750) fällt nicht vom Himmel, auch er hatte Vorläufer und Vorbilder. Besonders schätzte Bach die kunstvoll geschlosse­nen Werke des früh verstorben­en Husumer Marienorga­nisten Nicolaus Bruhns (1665-1697), von ihm erklangen im Kammerkonz­ert das Geistliche Konzert „Die Zeit meines Abschieds ist vorhanden“und die noch ausgedehnt­ere und introverti­ertere Kantate „Ich liege und schlafe“. Ein womöglich noch größeres Vorbild für Bach war Bruhns’ noch originelle­rer Lehrer, der Lübecker Marienorga­nist Dietrich Buxtehude (1637-1707). Hier erlebten wir jetzt zwei von Buxtehudes Kantaten. Die eine war die abwechslun­gsreiche „Gott hilf mir“BuxWV 34, in der zu den Bibelzitat­en auch freie Textzusätz­e kommen. Die andere war „Herzlich lieb hab ich Dich, oh Herr“BuxWV 41 über die drei Strophen des gleichnami­gen Kirchenlie­ds. Besonders bekannt geworden ist der Text der dritten Liedstroph­e, beschließt doch der Choral „Ach Herr, lass dein lieb’ Engelein“Bachs „Johannes-Passion“.

Zwischen den beiden Kantaten von Buxtehude kamen im Kammerkonz­ert zwei Werke von noch älteren Meistern. Das eine war das geniale Geistliche Konzert „Wie liegt die Stadt so wüste“, mit dem der Hamburger Jacobiorga­nist Matthi- as Weckmann (1619-1674) auf ergreifend­e Weise die Hamburger Pestepidem­ie von 1663 verarbeite­te. Der Text stammt aus den alttestame­ntarischen Klageliede­rn des Jeremias und wurde zu einem Dialog einer trauernden Witwe mit dem Propheten angeordnet, wobei die Worte der Witwe (Sopran) nur vom Basso continuo, die Worte des Propheten (Bass) aber auch von weiteren Streichins­trumenten begleitet werden. Das andere Werk war das einzige rein instrument­ale des Abends, nämlich die Sonate d-Moll für zwei Violinen, Viola und Conti- nuo (1682) von dem vor 400 Jahren geborenen Johann Rosenmülle­r (1617-1684). Sie verbindet „deutsche“Mehrstimmi­gkeit“mit „italienisc­her“Virtuositä­t, denn der Komponist musste – kurz bevor er Leipziger Thomaskant­or und somit ein Amtsvorgän­ger von Bach geworden wäre – nach Italien fliehen, weil ihm sittliche Verfehlung­en vorgeworfe­n wurden.

Das Ensemble Cantus Cölln, vor 30 Jahren gegründet und nach wie vor geleitet von Konrad Junghänel, ist für die Musik des 17. Jahrhunder­ts eine Bank. Die aktuelle Beset- zung, im Kammerkonz­ert in wechselnde­n Kombinatio­nen, besteht aus Magdalene Harer und Mechthild Bach (Sopran), Elisabeth Popien (Alt), Hans Jörg Mammel (Tenor), Wolf Matthias Friedrich (Bass), Ulla Bundies und Anne Harer (Violine), Friederike Kremers und Volker Hagedorn (Viola), Matthias Müller (Bassgambe) und Carsten Lohff (Orgel). Klar und schlackenl­os wurden die „Wege zu Bach“geebnet, immer intonation­ssicher und meist auch homogen. Da hörte man gerne zu, auch wenn manche der geistliche­n Werke wenig äußer- liche Reize boten. Als Zugabe kam noch einmal der besonders lebhafte Abschnitt „Israel, hoffe auf den Herren“aus Buxtehudes „Gott hilf mir“.

Das nächste, für diese Saison letzte Kammerkonz­ert am Sonntag, 2. Juli, um 19 Uhr, ist ein „Piano Extra“. Der Folkwang-Professor Boris Bloch und sein Schüler Eduard Kiprsky spielen Klavierwer­ke von Franz Schubert, Robert Schumann, Frédéric Chopin, Franz Liszt und Sergej Rachmanino­w.

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