Nadal und Federer sind wieder das Maß im Tennis
DÜSSELDORF Wenn es um Tennis geht, weiß Roger Federer (35), wovon er spricht. Nachdem der Schweizer Anfang April im Finale von Miami seinen langjährigen Angstgegner Rafael Nadal schon zum dritten Mal in dieser Saison besiegt hatte, fand er aufmunternde Worte. „Jetzt steht ja die Sandplatzsaison an. Ich bin mir sicher, da wirst du alles auseinandernehmen.“
Nun gewann der Spanier zum zehnten Mal die French Open. Noch nie hatte ein Spieler beim gleichen Grand-Slam-Turnier so häufig triumphiert. Zuvor hatte sich der Mal- lorquiner in Monte Carlo, Barcelona (jeweils zum zehnten Mal) und Madrid durchgesetzt. Nur in Rom scheiterte er vorzeitig. In Paris gab der 31-Jährige in sieben Spielen keinen Satz ab. Kein Gegner hatte eine Chance gegen den Sandplatzkönig. Das fast fehlerlose Spiel mit langen, druckvollen Grundschlägen, einer leichtfüßigen Beinarbeit, taktischer Abgeklärtheit und fast schon perfiden Winkeln erinnerte an den Nadal aus seinen besten Tagen.
Seit Jahresbeginn agiert der Spanier im Vergleich zu seinen „Krisenjahren“– seit den French Open 2014 wartete er auf einen Grand-SlamTriumph – deutlich verbessert. Die Arbeit mit Ex-Profi Carlos Moya, der im kommenden Jahr Nadals Onkel Toni als Trainer vollständig ablösen wird, trägt Früchte. Das zeigte sich schon bei den Australian Open, bei denen Nadal erst im Finale scheiterte, und auch auf den Hartplätzen in Indian Wells und Miami. Stets stand ihm ein von vielen abgeschriebener Spieler im Weg: Roger Federer.
Das Jahr 2010 hatte Nadal als Nummer eins vor Federer beendet. Danach drangen Novak Djokovic (Serbien) und später der Schotte Andy Murray immer mehr in diese Phalanx ein. Doch plötzlich sind Nadal und Federer wieder das Maß aller Dinge. Zwei Statistiken veran- schaulichen die Dominanz. Im „Race to London“, der Weltrangliste, in der nur die Punkte seit Jahresbeginn gezählt werden, führt Nadal vor Federer. Und bei den großen Events, also den Grand-Slam- und Masters-Turnieren, machten die beiden die Titel fast ausschließlich unter sich aus. Federer gewann alle großen Hartplatzturniere und verzichtete auf die Sandplatzsaison. Auf der roten Asche übernahm Nadal das Zepter. „Dass wir beide gut spielen können, das wissen wir, aber dass es noch gegen die Besten reicht, hätten wir vielleicht auch nicht mehr gedacht“, sagte Federer am Rande des Turniers in Stuttgart.
Bleibt 2017 weiter das Jahr von „Fedal“, wie die Fans die befreundeten Konkurrenten nennen? Oder melden sich Murray und Djokovic zurück? Murray zeigte sich nach einem enttäuschenden Saisonbeginn in Paris verbessert, verlor erst im Halbfinale. Mit dem Titelverteidiger ist in Wimbledon zu rechnen. Djokovic lässt zwar immer wieder mal sein Können aufblitzen, doch in Paris bot er bei seiner Viertelfinal-Niederlage gegen den Österreicher Dominic Thiem eine erschreckende Vorstellung. Traurig sei es, ihn so zu sehen, sagte sein ehemaliger Coach Boris Becker. Djokovic schloss eine Tennis-Pause nicht aus.
Federer kehrt nach einer zweimonatigen Pause zurück auf die Tour und gilt bei den Buchmachern als Favorit auf den Wimbledon-Titel. Doch auch Nadal ist ein Kandidat. Denn 2008 und 2010, als er die French Open ohne Satzverlust gewann, siegte er in Wimbledon. Hinsichtlich seiner Chancen auf Rasen stapelte Nadal tief. Er müsse sehen, wie sein Körper und die geschundenen Knie auf den Belagwechsel reagieren, sagte er. „Wimbledon muss mein größtes Ziel sein“, betonte Federer schon vor Wochen. Er startet morgen in seine liebste Zeit des Jahres. In Stuttgart beginnt die Mission „8. Wimbledon-Titel“.