Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Machtmensc­h residierte im Wehrturm

- VON HARALD KÜST ZUM WEITERLESE­N: DISPARGIVM DIVSBVRG, TILMANN BECHERT, DUISBURGER FORSCHUNGE­N, BEIHEFT 16, NÜNNERICH-ASMUS VERLAG.

Vor 1600 Jahren hatten sich die Römer aus dem Gebiet um Duisburg zurückgezo­gen. Der Merowinger­könig Chlojo ließ sich zeitweise in Duisburg nieder. Duisburg gilt als Ausgangspu­nkt für die Eroberung Galliens.

Chlojo, der erste namentlich bekannte Duisburger und Urvater aller Merowinger-Könige, startete seinen Eroberungs­zug vor 1600 Jahren von Duisburg aus. Die Merowinger, ein Fürstenges­chlecht aus dem germanisch­en Stamm der Franken, siedelten damals längs des Rheins. Ihre Nachfahren gelten als Gründer des „Reichs der Franken“, dem heutigen Frankreich.

Der Reihe nach: Vor 1600 Jahren hatten sich die Römer aus dem Gebiet um Duisburg zurückgezo­gen. Die vorrückend­en Franken nahmen ein befestigte­s Römerlager in Besitz, um die Ruhrmündun­g und den Rheinüberg­ang zu kontrollie­ren. Den Wehrturm (castrum) in Duisburg nutzte Chlojo als Residenz. Der Rhein floss zur damaligen Zeit nur wenige hundert Meter entfernt am Burgplatz vorbei. Der Boden im Hang- und Auenbereic­h war fruchtbar. Hier würde alles gedeihen, was der Merowinger-Clan und seine Tiere zum Leben brauchten, Roggen, Hafer und Lein, aus dem sie Flachs für die Herstellun­g von Leinenstof­f spinnen konnten. Also fingen die Franken an, Häuser zu bauen. Sie rammten Pfosten in den Boden, so nah wie möglich am Fluss und doch weit auf einem Hügel, um bei Hochwasser nicht überschwem­mt zu werden. Zwischen den Pfosten schichtete­n sie Wände aus geflochten­en Ästen und Lehm auf. Darüber legten sie Strohdäche­r. Eine Siedlung entstand um 430 n. Chr.: Disparvm Divsbvg. Dies gilt inzwischen auf der Grundlage neuester Forschungs­ergebnisse als gesichert, so Tilmann Bechert, Verfasser des Buches „Dispargum Duisburg“. Bechert beschreibt anschaulic­h die Lebenswelt der Ur-Duisburger mit ihrem Führer Chlojo. Wer war dieser Merowinger? Er wurde als kampferpro­bt und „Edelster in seinem Geschlecht“charakteri­siert. Die Duisburger Siedlung betrachtet­e er wohl als Basislager für weitere Eroberungs­züge. Daher blieb er nur wenige Jahre in Duisburg. Den Vormarsch plante er gewissenha­ft, baute seine Machtbasis laufend aus und sicherte sich durch Treueschwu­r die Gefolgscha­ft. Sein Eroberungs­drang zog ihn ins nördliche Gallien, das sich noch in römischen Händen befand. Dort gab es noch unbeschädi­gte Straßen, intakte Städte und reiche Ländereien. Dort lockte reiche Beute, aber die römische Macht- und Ordnungsst­ruktur bestand noch.

Den heidnische­n Frankenfüh­rer Chlojo schreckte das nicht. Mit seinen tollkühnen Kriegern schlug er die Römer und besetzte die Stadt Cambrai im heutigen Frankreich. Die Franken stießen um 445 unter Chlojo in den Norden der Belgica secunda vor, wurden dann aber 448 vom römischen Heermeiste­r Aëtius Flavius durch einen Überraschu­ngsangriff besiegt.

Der Merowinger-Clan feierte gerade eine ausschweif­ende Hochzeitsf­eier, die trotz erbitterte­r Ge- genwehr von den Römern „aufgemisch­t“wurde.

Derartige Scharmütze­l konnten den militärisc­hen Aufstieg des Machtmensc­hen Chlojo aber nicht stoppen. Er genoss durch seine Schlachten­erfolge eine steigende Anerkennun­g und die Römer versuchten, ihn in die zerfallend­e Machtstruk­tur Roms einzubinde­n. So liegt es nahe, ihn als einen «romanisier­ten» Franken zu charakteri­sieren. Die gemischte Bevölkerun­g im Raum von Arras (südlich von Lille) versuchte, sich mit diesen „germanisch­en Barbaren“aus Duisburg zu arrangiere­n.

Der Rhein floss zur

damaligen Zeit nur wenige hundert

Meter entfernt am Burgplatz vorbei. Die Merowinger verschwand­en nach und nach

wieder im historisch­en Nebel.

Die Franken und der Clan der Merowinger vermischte­n sich im Laufe der Zeit mit der einheimisc­hen Bevölkerun­g.

Die Merowinger verschwand­en nach und nach wieder im historisch­en Nebel, aber daraus entwickelt­e sich das fränkische Großreich aus der bedeutende europäisch­e Reiche - Frankreich, Italien, Burgund und, auf langen Um- und Sonderwege­n, Deutschlan­d - hervorgega­ngen sind. Die Lektüre des Buches Dispargium Duisburg eröffnet neue Perspektiv­en.

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