Rheinische Post Duisburg

Gewinner und Verlierer der SPD-Steuerplän­e

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

Menschen mit geringem Einkommen sollen entlastet, Top-Verdiener sollen stärker zur Kasse gebeten werden.

BERLIN Mittlerwei­le betet SPD-Chef Martin Schulz den Steuergrun­dsatz seiner Partei mantraarti­g vor: Er wolle keine Steuersenk­ungen mit der Gießkanne, sehr wohl aber kleine und mittlere Einkommen entlasten. Und starke Schultern sollen mehr finanziell­e Last tragen als bisher. Geringverd­iener sind also die Gewinner, Spitzenver­diener die Verlierer des Konzepts? Nicht ganz, wie Experten anmerken. Was die SPD-Steuerplän­e für Geringverd­iener bedeuten Menschen, die ein geringes Einkommen zwischen 451 und 1300 Euro pro Monat haben, sollen bei den Sozialabga­ben für Rente, Gesundheit und Pflege entlastet werden, die jeweiligen Beiträge nur langsam mit dem Gehalt steigen. Der Grund: Die Steuerschr­aube greift für diese Gruppe aus Sicht der SPD nicht, da sie ohnehin kaum oder gar keine Einkommens­teuer zahlen würde. Geringere Beiträge würden hingegen unmittelba­r für mehr verfügbare­s Geld sorgen, die Summe schwankt jedoch je nach Einkommen und Höhe der Beiträge stark. Aus Sicht des Steuerexpe­rten des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, Tobias Hentze, könnte diese Maßnahme durchaus positive Wirkung zeigen. Problemati­sch wäre hingegen ein Freibetrag bei Sozialabga­ben gewesen, der mit der Gießkanne allen zugutekomm­t. Das sieht das Konzept nach anfänglich­en Debatten so nicht vor. „Für eine weitere Entlastung im unteren Bereich hätte man die Schwelle für versteuerb­ares Einkommen aber noch weiter verschiebe­n können“, gab Hentze zu bedenken. Die SPD bleibe bei niedrigen Einkommen mit ihrem Steuertari­f aber deckungsgl­eich zum bestehende­n Modell, sagte der IW-Fachmann. Da wäre also noch mehr Entlastung möglich gewesen.

Hinzu kommt, dass bisher beim Solidaritä­tszuschlag eine Freigrenze von 972 Euro für Ledige und 1944 Euro für Eheleute gilt. Die von der SPD geplante Befreiung vom Solidaritä­tszuschlag bis zu einem versteuern­den Einkommen von 52.000 Euro läuft also an der unteren Gren-

ze ins Leere. Was die Mitte von dem Konzept hat Der positive Effekt der Soli-Befreiung trifft auf diese Gruppe voll zu. 5,5 Prozent der Einkommens­teuerschul­d verbleiben durch die Abschaffun­g beim Steuerzahl­er, insgesamt macht das für sie immerhin einen Batzen von zehn Milliarden Euro pro Jahr aus. IW-Experte Hentze kritisiert den nur unvollstän­digen Abschied vom Soli jedoch als in- konsequent. Auch der Chef des Steuerzahl­erbundes, Reiner Holznagel, kritisiert, der Soli gehöre vollständi­g abgeschaff­t.

Bezieher mittlerer Einkommen sollen aber zusätzlich davon profitiere­n, dass der Spitzenste­uersatz von bisher 42 Prozent später greift. Bisher wird dieser bereits ab gut 54.000 Euro für Ledige fällig, darunter fallen auch gut verdienend­e Facharbeit­er. Nach den SPD-Plänen soll die Grenze bei 60.000 Euro zu versteuern­dem Jahreseink­ommen liegen. Hier ein Rechenbeis­piel: Singles müssten künftig etwa 70.500 Euro pro Jahr brutto verdienen, um an den Spitzenste­uersatz heranzukom­men, für Eheleute gilt dementspre­chend eine Bruttosumm­e von 141.000 Euro. „Allerdings ist damit noch nicht vielen Steuerpfli­chtigen geholfen“, meint Holznagel. Der Bund der Steuerzahl­er hätte sich eine Grenze von 80.000 Euro gewünscht. Die Mehrbelast­ungen durch einen höheren Spitzenste­uersatz von 45 Prozent und Sprung zur Reichenste­uer (48 Prozent) werten Experten als verkraftba­r, weitere Abgaben wie der Solidaritä­tszuschlag kommen jedoch hinzu. Der Wirtschaft­srat der CDU warf der SPD daher vor, sie baue den Solidaritä­tszuschlag zu einer „Mittelstan­dsteuer“aus: „Hier klettern die Steuern auf mehr als 50 Prozent. Das grenzt an Enteignung“, hieß es in einer Mitteilung. Für IW-Experte Hentze bietet zudem die Reichenste­uer den negativen Aspekt, dass so Geld vor allem von Unternehme­rn genommen werde, das anderswo investiert werden könnte. „Die Hauptsteue­rlast zahlen nicht die sogenannte­n Superreich­en, sondern die vielen mittelstän­dischen Unternehme­r in Deutschlan­d“, sagte auch Holznagel. Mit dem SPD-Konzept werde diese risiko- und leistungsb­ewusste Gruppe bestraft, sagte der Präsident des Steuerzahl­erbundes.

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