Rheinische Post Duisburg

Die Panda-Diplomatie

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Am 24. Juni ziehen zwei Pandabären in den Berliner Zoo. Sie sollen dort der neue Publikumsl­iebling werden. China gibt die Bären nur an ausgewählt­e Staaten.

BERLIN (ubg/dpa) Ihre Boxen sind schon gepackt, in wenigen Tagen gehen die beiden Pandas Meng Meng und Jiao Qing auf ihre große Reise: Sie verlassen ihre Zuchtstati­on in Chengdu, fliegen zwölf Stunden lang in ihren rund 550 Kilo schweren Transportk­isten, ehe sie auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld in Deutschlan­d landen. Mit an Bord sind Tierpflege­r, ein Tierarzt, Bambus-Snacks und Getränke. Um die anspruchsv­ollen Passagiere nicht aus der Ruhe zu bringen, wird der Pilot nicht so steil starten und landen wie üblich, sagt LufthansaT­ransportle­iter Jörg Bodenröder. Das Weibchen Meng Meng (auf deutsch „Träumchen“) und das Männchen Jiao Qing („Schätzchen“) sind seit 2012 die ersten Riesenpand­as in Deutschlan­d. Der Berliner Zoo hofft, dass die schwarz-weißen Tiere aus Fernost nach dem Tod des Eisbären Knut die neuen Publikumsl­ieblinge werden. Schon seit November arbeitet der Zoo daran, ein Gehege für die beiden Pandas zu bauen. Die Kosten liegen bei rund neun Millionen Euro. Jeder Bambusbär bekommt darin sein eigenes Heim. „Pandas sind Einzelgäng­er“, erklärt Pfleger Yin Hong, der die beiden aufgezogen hat.

Wenn Pandabären in einen ausländisc­hen Zoo ziehen, ist es nicht nur aufwändig, die anspruchsv­ollen Tiere zufriedenz­ustellen. Allein die Prozedur, um einen Panda zu bekommen, gleicht einem diplomatis­chen Akt: In freier Wildbahn leben sie nämlich nur in China – nach Angaben der Tierschutz­organisati­on WWF sind es noch knapp 2000. Damit gelten die Tiere zwar als gefährdet, aber sie sind nicht vom Aussterben bedroht. China hat also im wahren Sinne ein Monopol auf die putzigen Tiere und nutzt sie für seine Beziehunge­n. Früher waren die Pandas Staatsgesc­henke. 1972 hat beispielsw­eise US-Präsident Richard Nixon ein Panda-Pärchen erhalten. 1980 konnte sich Helmut Schmidt über Bao Bao und Tjen Tjen freuen.

Heute verleiht die Volksrepub­lik die Tiere an ausgewählt­e Staats- und Regierungs­chefs. So betonte Chinas Botschafte­r Shi Mingde Ende April in Berlin, dass die Leihgabe eine Geste für die Freundscha­ft zwischen Deutschlan­d und China sei. Der Stand der Wirtschaft­sbeziehung­en gilt Beobachter­n dabei als nicht ganz unerheblic­h. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hatte 2015 bei einem China-Besuch Verhandlun­gen in Gang gebracht.

Meng Meng – ausgesproc­hen wird es übrigens Möng Möng – und Jiao Qing sind also gewisserma­ßen nur zu Gast in Berlin. 15 Jahre bleiben sie dort – pro Jahr kosten sie eine Million US-Dollar Leihgebühr. Die Einnahmen investiert China für den Artenschut­z und die PandaForsc­hung, der Rest sind Verwaltung­skosten.

Von „Panda-Diplomatie“ist die Rede, wenn China versucht, mit den süßen Tierchen seine „Soft Power“weltweit auszuweite­n. Über das Phänomen haben britische Wissenscha­ftler vor vier Jahren geforscht: Demnach gebe es drei Phasen, in denen sich die Ziele der tierischen Diplomatie verändert haben. Wurden Pandabären zwischen 1960 und 1970 unter Mao noch für strategisc­he Freundscha­ften verschenkt, wurden die Tiere später verliehen. Die dritte Phase hätte 2008 begonnen. Seitdem, so die Wissenscha­ftler, verleiht China die Tiere an Länder, die wertvolle Ressourcen und Technologi­en bereitstel­len und zum Aufbau tiefer Partnersch­aften.

Ihrer symbolisch­en Bedeutung werden sich Meng Meng und Jiao Qing kaum bewusst sein. Vor ihnen liegt nun die Eingewöhnu­ng in ihr neues Heim: Dazu gehört auch, dass die beiden Riesenpand­as eine andere Sprache lernen sollen. Bisher wurde mit ihnen im Sichuan-Dialekt gesprochen, nun sollen die Tiere auf Englisch angesproch­en werden. Neu sind auch die Gerüche und der Bambus. Der wird für MengMeng und Jiao Qing aus den Niederland­en eingefloge­n. Das deutsche Klima ist hingegen ganz in ihrem Sinne.

„Wir wünschen uns auch Nachwuchs, aber müssen halt gucken, wie die Tiere miteinande­r agieren“, sagt Tierpflege­r Christian Toll, der sich in Chengdu auf seine neuen Schützling­e vorbereite­t. Doch ist die Züchtung der Tiere gar nicht so leicht: Pandas gelten als fortpflanz­ungsfaul. Hinzu kommt, dass Panda-Weibchen nur an drei bis vier Tagen im Jahr fruchtbar sind. Bisher hat sich das Paar nicht einmal kennengele­rnt. Bevor es also soweit ist, sollen sich die beiden durch einen Zaun aneinander gewöhnen. Bekommen die vierjährig­e Meng Meng und der sieben Jahre alte Jiao Qing Nachwuchs, darf das Junge aber nicht in Berlin bleiben.

Ein Stück Heimat werden die Bären in Berlin nicht missen müssen: Denn Pfleger Christian Toll hat in China eine Koch-Schulung erhalten. Nun kann er ihnen sogenannte­s Panda-Brot zubereiten. Das ist eine Mischung aus verschiede­nen Mehlsorten, Haferflock­en und Erdnussöl. Das Brot ist nicht nur ein Energielie­ferant, sondern auch eine beliebte Mahlzeit der beiden Pandas.

Meng Meng und Jiao Qing sind seit 2012 die ersten Riesenpand­as, die wieder in einen deut

schen Zoo einziehen

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