Rheinische Post Duisburg

„Spieltrieb“-Theater über den Augenblick vor dem Sterben

- VON INGO HODDICK

„Spieltrieb“, der Jugendclub im Theater Duisburg, gibt Jugendlich­en zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkei­t, sich unter profession­eller Anleitung mit dem Medium „Theater“auseinande­r zu setzen: vor, auf und hinter der Bühne (die RP berichtete regelmäßig). Die ausverkauf­te Premiere der 45. Produktion war wieder sehr gelungen, es gab das Erfolgsstü­ck „Ein Augenblick vor dem Sterben“(„Morir“, 1994) des katalanisc­hen Autors Sergi Belbel. Jahrgang 1963.

Eine Großstadt, sieben Geschichte­n: Ein Drehbuchau­tor, der die Idee für einen neuen Film hat. Eine junge Frau, die ihren heroinabhä­ngigen großen Bruder von einem Entzug überzeugen will. Eine tyrannisch­e Mutter, die beim Abendessen mit ihrer Tochter in Streit gerät. Ein anstrengen­der Patient im Krankenhau­s. Eine einsame alte Frau, die Gespenster sieht. Zwei Polizisten auf Streife. Ein Mann, der nach Hause kommt und von seinem Mörder erwartet wird. Sieben Szenen für zwei, bei denen immer einer zuviel redet und einer - nicht unbedingt derselbe - am Ende stirbt. In zweiten Teil des Stückes werden diese Strän- ge auf unerwartet­e Weise miteinande­r verknüpft, zum Teil laufen sie nun ganz anders.

Das ist wieder einmal ein gefundenes Fressen für die zehn jungen Menschen, die auf der Bühne in 14 Rollen schlüpfen. Das geht gleich los mit Lukas Makevicius als Drehbuchau­tor und Hanna Kertesz, die seine Frau als sympathisc­he Nervensäge gibt. Bashar Al Murabea kann als Patient sein ganzes Komiker-Potenzial ausspielen. Vanessa Kuhnen und Maxi Remy sind ein umwerfende­s Polizisten-Duo. Die größte tragikomis­che Fallhöhe zeigt Leonhard Thelen als Ältere Dame. Das ist alles so flüssig und schlüssig gespielt, dass man erst in zweiter Linie daran denkt, dass da ja jemand vorzüglich Regie geführt hat, nämlich Jonas Schütte, hier bereits bestens bekannt als Darsteller.

Fast zwei pausenlose Stunden im Foyer III unter dem Dach des Hauses, in dieser Jahreszeit bei gefühlten 50 Grad, sind eine Herausford­erung. Dennoch kann man den Besuch einer der nächsten Vorstellun­gen am 26. und 27. Juni sowie am 4., 10. und 14. Juli, jeweils um 20 Uhr, nur empfehlen.

Karten gibt es unter der TelefonNum­mer 0203 283 62 100.

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