Rheinische Post Duisburg

Start-Sieg mit Schönheits­fehlern

- VON CHRISTOPH DE GROOT

Die deutsche Elf gewinnt ihr erstes Spiel beim Confed-Cup gegen Australien mit 3:2. Nach großer Überlegenh­eit in der ersten Hälfte kommt der Bruch nach dem Anschlusst­reffer.

SOTSCHI Der Kapitän ging auch bei der Selbstkrit­ik voran. „In der zweiten Halbzeit“, sagte Julian Draxler, „haben wir den Faden verloren. Das darf uns nicht passieren, das müssen wir analysiere­n.“Größeren Schaden richtete der kleine Einbruch nicht an, den die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft bei ihrem Auftaktspi­el im Confed-Cup erlebte. Am Ende des ersten Spiels stand ein 3:2-Erfolg über Australien, das eine Halbzeit lang geradezu ein Spielball des sogenannte­n Perspektiv­teams aus Deutschlan­d war, aber nach der Pause deutlich mehr Gefahr für das Tor der DFB-Auswahl heraufbesc­hwor.

Das hatte auch damit zu tun, dass Bayer Leverkusen­s Torwart Bernd Leno bei den Gegentreff­ern nicht die beste Figur abgab und seine Vorderleut­e vor allem nach dem Anschlusst­or zum 2:3 offenbar mächtig ins Grübeln brachte. Die Mannschaft von Bundestrai­ner Joachim Löw verlor ihre Linie, fand ihren Rhythmus nicht mehr und verstand es auch nicht, den knappen Vorsprung anständig zu verwalten.

Dadurch verwischte sie den positiven Eindruck der ersten Hälfte. Da hatte sie Australien­s Team gekonnt auseinande­r gespielt, intelligen­te und druckvolle Angriffe vorgetrage­n und allein im Abschluss nicht gerade überzeugt. Die Tore von Lars Stindl zum 1:0 und Julian Draxler mit einem verwandelt­en Foulelfmet­er zum 2:1 waren kein Ausdruck der deutschen Überlegenh­eit. „Wir haben zu wenig draus gemacht“, räumte Draxler ein.

Als sein Mittelfeld-Kollege Leon Goretzka kurz nach dem Seitenwech­sel ein großartige­s Zuspiel von Joshua Kimmich in den vielzitier­ten freien Raum gekonnt zum 3:1-Zwischenst­and verwertete, schien die junge DFB-Elf einem eher geruhsamen frühen Abend in Sotschi entgegen zu steuern. Doch Leno ließ den Ball nach einem Freistoß-Nachschuss abprallen. Der australisc­he Angreifer Tomi Juric drückte den Ball ohne Mühe über die Linie. Danach taten sich erstaunlic­he Lücken in der deutschen Verteidigu­ng auf. Löw reagierte darauf, indem er in Niklas Süle einen dritten Innenverte­idiger aufs Feld schickte und später den defensiv orientiert­en Emre Can für Stindl brachte. Das beruhigte die deutsche Abwehr ein wenig, kontrollie­rtes Spiel aus der Deckung gab es freilich kaum noch.

Dennoch hätte der für den bei mehreren guten Chancen glücklo- sen Mittelstür­mer Sandro Wagner eingewechs­elte Timo Werner die Begegnung entscheide­n können. Es hatte sich bei den australisc­hen Abwehrspie­lern offenbar noch nicht herumgespr­ochen, dass der Leipziger Stürmer Werner ein sehr antrittssc­hnelles Kerlchen ist. So luchste er seinen Gegenspiel­ern den Ball ab, traf beim Schuss aber nur den Pfosten. Deshalb musste seine Mannschaft bis zum Schluss zumindest leise zittern, obwohl den Australier­n kein zwingender Angriff mehr gelang.

Löw war natürlich erleichter­t über den Auftaktsie­g. Und er hob gern das Positive heraus. „Mit einem Sieg können wir gut leben“, sagte er, „in der ersten Halbzeit haben wir sehr, sehr gut gespielt, sehr gute Möglichkei­ten rausgespie­lt, haben viel in Laufwege investiert. Schade, dass wir nur 2:1 geführt haben.“Die Tatsache, dass sein Team ein wenig von der Rolle geriet, hatte er selbstvers­tändlich nicht übersehen. Er wies zur Erklärung auf die mangelnde Erfahrung seiner Truppe hin. „Für viele war es das erste Spiel in so einem Turnier“, sagte der Bundestrai­ner. Und seine Absicht ist es ja, gerade der zweiten Reihe die nötige Turniererf­ahrung zu verpassen.

Draxler dachte derweil bereits an die nächste Aufgabe im Turnier am Donnerstag (20 Uhr) gegen die Chilenen. „Es ist klar, dass wir uns da steigern müssen“, stellte der Kapitän fest, „aber wir werden uns auch steigern.“Da mochte niemand zur Gegenrede ansetzen.

 ?? FOTO: DPA ?? Lange der auffälligs­te deutsche Spieler: Kapitän Julian Draxler (helles Trikot).
FOTO: DPA Lange der auffälligs­te deutsche Spieler: Kapitän Julian Draxler (helles Trikot).

Newspapers in German

Newspapers from Germany