Rheinische Post Duisburg

LEG: Senioren sollen Platz für Familien machen

- VON THOMAS REISENER

Der größte Wohnungsko­nzern in NRW will älteren Mietern den Umzug in kleinere Wohnungen mit einer Mietpreisg­arantie schmackhaf­t machen.

DÜSSELDORF Der börsennoti­erte Immobilien­konzern LEG will mit einer neuen Initiative gegen die Wohnungsno­t vorgehen. Senioren sollen mit einer Mietpreisg­arantie zum Umzug in kleinere Wohnungen bewegt werden. In die freien Wohnungen sollen dann Familien mit Kindern nachrücken können. „Mit unserer Initiative wollen wir ohne zeitaufwen­digen Neubau rasch und unbürokrat­isch zusätzlich­en Wohnraum für Familien in einem preisgünst­igen Umfeld schaffen“, sagte LEG-Chef Thomas Hegel unserer Redaktion.

Die LEG ist mit rund 130.000 Wohnungen der größte Vermieter in NRW. Mit einer durchschni­ttlichen Kaltmiete von 5,40 Euro pro Quadratmet­er ist sie auf das untere und mittlere Preissegme­nt spezialisi­ert. Allein in ihrem eigenen Bestand sieht die LEG Potenzial für rund 1000 Wohnungen, die über das neue Rotations-Angebot für Familien frei werden könnten.

Laut Institut der deutschen Wirtschaft werden in Deutschlan­d jährlich rund 100.000 Wohnungen zu wenig gebaut. Die Wohnungsno­t spitzt sich vor allem bei Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Ballungsrä­umen zu. Als bezahlbar gelten Wohnungen, wenn die Nettokaltm­iete nicht mehr als 30 Prozent des verfügbare­n Haushaltse­inkommens beträgt. In Düsseldorf gilt das nur noch für zwei Prozent der Neubauwohn­ungen und in Köln für 5,7 Prozent.

„Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Senioren, die mit zunehmende­m Alter von ihrer inzwischen zu groß gewordenen Wohnung überforder­t sind. Eventuell auch finanziell“, sagt Hegel. Genau da will die LEG ansetzen: Wenn kleinere, altersgere­chte Wohnungen frei werden, sollen diese künftig gezielt älteren Menschen in der Nachbarsch­aft angeboten werden. Die LEG vermietet derzeit rund 1000 Wohnungen mit je mehr als 85 Quadratmet­ern an über 65-Jährige.

Der Konzern verspricht umzugswill­igen Senioren zwei Vorteile: zum einen eine garantiert­e finanziell­e Entlastung. Die alten Mietkondit­ionen sollen auf die neue Wohnung übertragen werden. Wer von einer 90-Quadratmet­er-Wohnung in eine 45-Quadratmet­er-Wohnung umzieht, zahlt also nur noch die Hälfte. Zum anderen will die LEG den Senioren gezielt nur solche Wohnungen vermitteln, die ihnen das Weiterlebe­n in ihrem gewohnten Umfeld ermögliche­n.

Die Bundesregi­erung begrüßte die Initiative des Düsseldorf­er Konzerns: „Dieses Projekt unterstütz­t junge Familien und Senioren bei der Suche nach einer passsenden Wohnung. Das ist ein wichtiger Meilenstei­n bei der Gestaltung des Wohnungsma­rktes“, sagte Staatssekr­e- tär Gunther Adler aus dem Bundesbaum­inisterium. Es sei zu hoffen, „dass sich viele Wohnungsun­ternehmen dieser Initiative anschließe­n“, so Adler.

Einen ähnlichen Vorstoß hat vor zwei Jahren bereits die IG Bau unternomme­n. Damals schlug die Gewerkscha­ft eine staatliche Umzugspräm­ie von 5000 Euro vor, um eine bedarfsger­echtere Umverteilu­ng von Wohnraum zu ermögliche­n. Daraus wurde nichts. „Bislang sind solche Tauschprog­ramme immer daran gescheiter­t, dass der neue Mietvertra­g für die Senioren am Ende teurer war“, sagte Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Wegen der Mietpreisg­arantie drohe das beim LEG-Angebot nicht.

Nach Einschätzu­ng des Mieterbund­es sind viele Senioren aber mit der bloßen Organisati­on des Umzuges überforder­t. „Für diese rein praktische­n Probleme müssen zusätzlich­e Angebote her“, so Ropertz.

Auch der Immobilien-Riese Vonovia (355.000 Wohnungen, davon 110.000 Wohnungen in NRW) sieht die Chancen einer Wohnungs-Rotation zwischen den Generation­en. Die Bochumer gehen aber einen anderen Weg: „Wir setzen auf Nachverdic­htung und Dachaufsto­ckung in bestehende­n Siedlungen, um mehr passgenaue Angebote zu ermögliche­n. Das Angebot wird gut angenommen“, so eine Sprecherin.

Die Suche nach preiswerte­m Wohnraum wird für Familien in NRW auch durch das Wegbrechen von Sozialwohn­ungen erschwert. 1979 gab es in NRW noch 1,6 Millionen staatlich geförderte Wohnungen für den kleinen Geldbeutel. Im vergangene­n Jahr nur noch eine halbe Million. Betroffen sind nicht nur Randgruppe­n. Nach Angaben des NRW-Bauministe­riums hat in teuren Städten wie Düsseldorf oder Köln jeder zweite Einwohner Anspruch auf eine Sozialwohn­ung. Die scheidende rot-grüne Landesregi­erung hatte die Mittel für den sozialen Wohnungsba­u zuletzt aufgestock­t. Die neue schwarz-gelbe Landesregi­erung verspricht zudem schnellere Baugenehmi­gungen.

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