Rheinische Post Duisburg

Liberales Gegengewic­ht zu Bosbach

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Sicherheit war für die CDU der zentrale Wahlkampfs­chlager: Null-Toleranz-Strategie, mehr Polizisten, mehr Videoüberw­achung und Einführung der Schleierfa­hndung. Offensicht­lich kamen diese Verspreche­n beim Wähler gut an. Nicht aber bei der FDP, die mit vielem davon bis heute fremdelt: Verdachtsu­nabhängige Kontrollen sind der Bürgerrech­tspartei ein Graus. Wie alle Bestrebung­en, den Überwachun­gsstaat auszubauen. Entspreche­nd gab CDU-Spitzenman­n Armin Laschet am Tag nach der Wahl zu Protokoll: „In der inneren Sicherheit wird das mit der FDP sehr schwierig.“

Umso erstaunter war das politische Düsseldorf, als Laschet und FDP-Frontmann Christian Lindner einen Tag später ihre Differenze­n bei diesem Thema wieder heruntersp­ielten. Lindner rettete sich wie so oft in eine Pointe: Solange die Möglichkei­ten der Polizei nicht einmal zur Aufklärung von Verdachtsf­ällen reichten, sei die verdachtsu­nabhängige Suche einfach nicht wichtig. Dass die FDP auf diesem Feld keine Probleme mehr sehe, nannte Laschet wiederum eine „gute Nachricht“.

Ganz so friedlich scheint es hinter den Kulissen aber doch nicht zuzu-

Ex-Innenminis­ter Baum soll die Fahne der FDP in der Bosbach-Kommission hochhalten. Laschet und Lindner haben ihre Konflikte beim Thema innere Sicherheit nicht gelöst, sondern nur ausgelager­t.

gehen. Ein deutlicher Hinweis darauf ist die jüngste Personalie aus dem Umfeld des werdenden Kabinetts: FDP-Mann Gerhart Baum soll die Bosbach-Kommission verstärken. Eine fast unbeachtet­e Wendung, die aber die wahre Dimension des Konfliktes verrät.

Mit Wolfgang Bosbach zauberte Laschet im Wahlkampf seinen vielleicht entscheide­nden Joker aus dem Hut: Der Rechtskons­ervative soll mit einer eigenen Sicherheit­s- Kommission in der Staatskanz­lei für mehr Recht und Ordnung in NRW sorgen. Bosbach ist ein sicherheit­spolitisch­er Hardliner, dem der Opferschut­z im Zweifel wichtiger ist als der Datenschut­z.

Einen größeren Widersache­r als Baum hätte Lindner Bosbach nicht entgegenst­ellen können. Der ExBundesin­nenministe­r ist Deutschlan­ds vielleicht prominente­ster Datenschüt­zer und ein vehementer Verteidige­r sämtlicher Bürgerrech­te. Offenbar soll der Linksliber­ale einen drohenden Rechtsruck der Bosbach-Kommission verhindern.

Anders als Laschet und Lindner uns glauben machen wollten, haben sie ihren Konflikt bei der inneren Sicherheit also keinesfall­s beigelegt. Sie haben ihn nur ausgelager­t in ein weniger prominente­s Gremium: Anstatt im Kabinett wird nun in einer Regierungs­kommission gestritten.

Das ist geschickt, aber auch nicht ungefährli­ch: Gut möglich, dass Bosbach und Baum sich in der Kommission gegenseiti­g neutralisi­eren. Dann bliebe von der Arbeit des groß angekündig­ten Gremiums nichts als ein Wahlkampf-Gag.

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