Rheinische Post Duisburg

Auch Ernst Jünger hat einen Krimi geschriebe­n

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Ernst Jünger hat tatsächlic­h einen Krimi geschriebe­n. Er heißt „Eine gefährlich­e Begegnung“, und er beginnt so: „Es war der erste Sonntag im September, ein blauer Tag.“Natürlich ist das nicht irgendein Kriminalro­man geworden, sondern eine nostalgisc­he Herzensang­elegenheit; Jünger schrieb zwischen 1949 und 1983 daran. Die Handlung spielt im Paris des späten 19. Jahrhunder­ts, der naive Diplomat Gerhard zum Busche, der „als Träumer lebt“, streift über den Place Pigalle – auf der Suche nach „dem Wunderbare­n“.

Jünger zwinkert dem Leser zwischen den Zeilen unaufhörli­ch zu, er zitiert Conan Doyle, Maupassant und Poe, und er lässt allerhand halbseiden­es Personal antanzen, um Gerhard vom Wege abzubringe­n. Kokotten, Dandys und galante Zyniker aus der „Spätzeit“der Zivilisati­on, wie es bei Jünger heißt, bevölkern dieses Paris. Einer von ihnen bringt Gerhard mit der Gräfin Kargané zusammen, deren Mann sie allzu oft alleine lässt, weil er sich daheim in Transsylva­nien unaussprec­hbaren Ausschweif­ungen hingibt. Just als die Liebenden die Nacht genießen, vernehmen sie einen Schrei. Gerhard öffnet die Tür des Hotelzimme­rs, und im Flur liegt die Leiche einer Frau. Die beste Figur ist der von schwerem Ennui geplagte Inspektor Dobrowsky, der die Ermittlung­en aufnimmt, das „Artistentu­m“des perfekten Verbrechen­s bewundert und mit Bildern von Cézanne vergleicht. Er ist ein Anarch, einer jener Typen, die häufig in Jüngers Prosa vorkommen und ihren Mangel an Zeitgenoss­enschaft zur heroischen Grundhaltu­ng stilisiere­n.

Jünger konnte ziemlich amüsant sein, dieses Buch ist der Beweis. Ernst Jünger: „Eine gefährlich­e Begegnung“, KlettCotta, 170 S., 20 Euro

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany