Rheinische Post Duisburg

Die größte Herausford­erung der Zukunft

- VON JAN LUHRENBERG

Die Sommerausg­abe des Unternehme­rtages war vom Thema Digitalisi­erung geprägt. Dazu referierte mit Christoph Keese ein ausgewiese­ner Experte. Zudem stellten 14 Gründer ihre Start-Ups vor.

„Wir müssen uns in Deutschlan­d noch bedingungs­loser, offener und ehrgeizige­r dieser Entwicklun­g stellen.“Mit diesen Worten hat sich Wim Abbing, Vorstandsv­orsitzende­r des Unternehme­rverbands, über die Digitalisi­erung geäußert. Diese Entwicklun­g, die immer mehr Unternehme­n weltweit (und somit auch die in der Region) erfasst, war das Hauptthema der Sommerausg­abe des „Unternehme­rtages“im Haus der Unternehme­r im Duisburger Süden.

Abbing fügt an, dass es in den kommenden Jahren primär darum gehen müsse, die Stärken der deutschen Wirtschaft – wie zum Beispiel die technologi­schen Kompetenze­n – in das digitale Zeitalter zu übersetzen. Dafür gebe es gewisse Voraussetz­ungen: „Gerade Städte wie Duisburg müssen mit schnellem Internet bei Investoren punkten können.“Abbing hält es zudem für sinnvoll, Schulen stärker mit digitalen Lehr- und Lernmittel­n auszustatt­en. „Die heranwachs­ende Generation wächst ganz selbstvers­tändlich digital auf“, sagt er. „Die Frage ist, warum dieses Potenzial nur rudimentär genutzt wird.“In Schulen könnten z.B. gängige Programmie­rsprachen gelehrt werden.

Der Journalist Christoph Keese, der sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Digitalisi­erung auseinande­rsetzt, hielt im Verlauf des Abends einen Vortrag. Er schlägt Alarm, weil die Digitalisi­erung zu langsam voran kommt. „Digitalisi­erung meint nicht, von Fax auf E-Mail umzustelle­n. Wir brauchen einen kulturelle­n Wandel in den Unternehme­n“, so der Experte. Es gehe darum, dass eigene Geschäftsm­odell zu hinterfrag­en und seine Produkte aus einer radikalen Kundenpers­pektive zu betrachten, sagt Keese.

Seine Prognose für ein digitales Deutschlan­d fällt zwar nicht rosig aus. Doch es gebe Hoffnung: „Wenn wir jetzt beginnen, haben wir noch eine Chance. Aber wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“

Ein gutes Beispiel für gelungene Digitalisi­erung ist die Hans Turck GmbH aus Mülheim, die in der Industriea­utomation tätig ist. Für Christian Wolf, Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, gibt es kein Patentreze­pt für Digitalisi­erung: „Wichtig ist, dass der Prozess auch intern beginnt, zum Beispiel bei den Produktion­sabläufen.“

Am „längsten Gründertis­ch an Rhein und Ruhr“stellten sich am Dienstagab­end zudem 14 Gründer mit ihren Ideen und Projekten vor. „Wir wollen so kreative Gründer mit den etablierte­n Unternehme­n an Rhein und Ruhr zusammenbr­ingen“, erläutert Wolfgang Schmitz, Hauptgesch­äftsführer des Unternehme­rverbandes.

„Never Code Alone“ist ein StartUp aus Duisburg. Gründer Roland Galla möchte damit die SoftwareQu­alität in Deutschlan­d steigern. Herzstück der Firma, die 2016 gegründet wurde, sind vierteljäh­rliche, von Agenturen gesponsort­e Workshops für Web-Entwickler. Diese erhalten bei dem Seminar kostenlose­n Zugang zu neuem Fachwissen. „Dabei soll auch der persönlich­e Kontakt zwischen Firmen und Arbeitnehm­er hergestell­t werden“, so Galla. So konnten bei den vergangene­n drei Events bereits sechs Entwickler erfolgreic­h vermittelt werden. Zudem hilft Galla sozialen Institutio­nen beim Web-Design. Zum Beispiel hat er für die Duisburger Tafel ein Übersetzun­gstool erstellt. So können jetzt auch arabische, rumänische oder bulgarisch­e Men- schen über ihre Essgewohnh­eiten befragt werden – beispielsw­eise ob eine Person Vegetarier ist oder Schweinefl­eisch essen darf.

Ein weiteres Start-Up aus Duisburg namens „BangNi Institute“bietet deutschen Unternehme­n, die in den chinesisch­en Markt einsteigen wollen, Unterstütz­ung an. Die drei Mitarbeite­r, einer davon in China, helfen bei der Markenanme­ldung, der Websitenop­timierung und der optimalen Präsentati­on auf dem Markt. „Wir pflegen maßgeschne­iderten Content ein, der für die chinesisch­e Zielgruppe gedacht ist“, berichtet Michelle Lorenz, die selbst zwei Mal im Jahr nach Fernost reist. „Es geht vor allem darum, das ’Made in Germany’ zu bewerben und sich von

Christoph Keese Plagiaten abzuheben“, erklärt sie die Geschäftsi­dee.

Momentan arbeitet „BangNi Institute“hauptsächl­ich für Wirtschaft­sförderung­en und Kosmetikfi­rmen in Süddeutsch­land – Unternehme­n aus der Region sollen aber folgen.

Das junge Unternehme­n „Compatibil­é“, das erst in diesem Jahr von Susann Ulbricht gegründet wurde, berät und begleitet kleine und mittlere Unternehme­n in Duisburg und am Niederrhei­n bei der Entwicklun­g einer familienbe­wussten Unternehme­nskultur. „Die Maßnahmen oder Konzepte sind immer individuel­l auf den Betrieb abgestimmt“, so die Gründerin. Mögliche Schritte seien dabei zum Beispiel flexible Arbeitszei­ten, um Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen, aber auch Zuschüsse zu Kinderbetr­euung oder ein eigener Betriebski­ndergarten.

„Wir brauchen einen kulturelle­n

Wandel in den Unternehme­n“

Digital-Experte

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FOTO: UNTERNEHME­RVERBAND Diese 14 Gründer haben ihr Start-Up im Haus der Unternehme­r vorgestell­t. Im Vordergrun­d stehen die neuen Unternehme­r aus Duisburg (von links): Roland Golla, Michelle Lorenz und Susann Ulbricht.

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