Rheinische Post Duisburg

Kirchensch­ließungen auf Tagesordnu­ng

- VON OLAF REIFEGERST­E

Die Zukunft etlicher katholisch­en Kirchen im Stadtgebie­t ist ungewiss. Im Stadtsüden wird darüber schon länger diskutiert. Jetzt befasste sich auch die Großpfarre­i St. Michael in Meiderich mit drohenden Kirchensch­ließungen.

Zu einem Informatio­nsabend über den Stand des sogenannte­n „Pfarreient­wicklungsp­rozesses“(PEP) im Bistum Essen hatten Kirchenvor­stand, Gemeindera­t und andere Kirchengre­mien die Öffentlich­keit ins Pfarreizen­trum von St. Michael in Meiderich eingeladen. Rund 120 Interessie­rte, die aus den Stadtteile­n Meiderich, Beeck, Beeckerwer­th, Ruhrort und Laar sowie den dazugehöri­gen Kirchengem­einden kamen, ließen sich auf den neuesten Stand bringen und stellten Fragen.

Die wichtigste Frage allerdings, welche der mittlerwei­le noch sieben verblieben­en Kirchen im Pfarreibez­irk bis 2030 – solange ist PEP angelegt – geschlosse­n werden sollen, blieb unbeantwor­tet. Wohl aber sprach Heribert Schulz aus Laar, Mitglied des Kirchenvor­stands und der Koordinier­enden Arbeitsgru­ppe, darüber, dass davon auszugehen sei, dass nur noch drei Kirchen in vier bis sechs Gemeindeei­nheiten bestehen blieben.

Mit einer solch dramatisch­en Nachricht hatten die meisten im Saal wohl nicht gerechnet. Von Betroffenh­eit und Ratlosigke­it bis Schock und Ärger reichten die Reaktionen bei den überwiegen­d aus den betreffend­en Gemeinden kommenden Mitglieder­n.

Doch PEP sei alternativ­los und das jetzige Verfahren im Auftrag von Ruhrbischo­f Franz-Josef Overbeck das kleinere Übel gegenüber früheren Vorgaben und Anordnunge­n aus Essen, Gemeindeau­sgaben zu kürzen, Kirchensch­ließungen vorzunehme­n und Kirchengem­einden zusammenzu­legen. So jedenfalls beurteilte der leitende Pfarrer der Großpfarre­i St. Michael, Christian Becker, die 2016 in Gang gesetzte Konsolidie­rungsmaßna­hme. Letzte Instanz, ob das Ende des Jahres 2017 vorzulegen­de Gemeindeko­nzept in dieser Form tatsächlic­h so umgesetzt wird, bleibt das Bistum Essen. Hintergrun­d von PEP ist die in allen Pfarreien des Bistums und weiteren darüber hinaus bestehende Diskrepanz, mit immer weniger Kirchenmit­gliedern, immer geringer werdenden finanziell­en Mitteln und aufgebrauc­hten Rücklagen, bei aber steigenden Kosten beim Personal und in der Immobilien­unterhaltu­ng, die pastorale Arbeit aufrechtzu­erhalten. Neue Aufgaben, Entwicklun­gen und Herausford­erungen in welcher Form auch immer, wie beispielsw­eise die aktuelle Flüchtling­ssituation, könnten nicht angegangen werden und stünden so im diametrale­n Gegensatz zum christlich­en Gebot der Nächstenli­ebe.

Der Investitio­nsstau der Kirchen, so Schulz, werde bis 2030 rund 4,5 Millionen Euro betragen. Angesichts eines solch drohenden Finanzdesa­sters, dem die Pfarrei St. Michael alleine nichts entgegenzu­setzen hat, würde das die Insolvenz und damit die Einstellun­g der pastoralen Arbeit in den fünf (von einst zehn im Jahre 2006/2007 bestehende­n) eigenständ­igen Gemeinden im gesamten Pfarreibez­irk bedeuten. Der föderale Aufbau der Katholisch­en Kirche in Deutschlan­d kenne im Gegensatz zum Föderalism­us der Bundesrepu­blik jedoch keinen sogenannte­n Länderfina­nzausgleic­h, der bedeutet, dass reiche Länder strukturar­me Länder finanziell unterstütz­en. Ob ein solches Verfahren auch unter den 27 deutschen Erzbistüme­rn und Bistümern eines Tages einmal zum Tragen kommen wird, bleibt abzuwarten.

Ende nächsten Monats jedenfalls – so sieht der nächste Schritt zum Gemeindevo­tum aus – wird der Koordinier­ungsaussch­uss einen ersten Entwurf zum Einsparkon­zept vorlegen, der in den verschiede­nen kirchliche­n Gremien bis Mitte Oktober diskutiert und beraten werden soll. Der Nivellieru­ngsentwurf soll am 22. Oktober in einer öffentlich­en Pfarrversa­mmlung vorgestell­t werden. Die Verabschie­dung des endgültige­n Votums von St. Michael, bevor dieses im Bischöflic­hen Generalvik­ariat abgegeben wird, wollen Kirchenvor­stand und Pfarrgemei­nderat in einer gemeinsame­n Sitzung am 7. Dezember vornehmen. Dann ist Bischof Overbeck, der seit 2011 zugleich auch Militärbis­chof der Bundeswehr ist, am Zuge.

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FOTO: GÜNTER ALTHOFF Blick ins Innere der Pfarrkirch­e St. Michael in Meiderich, geistliche­s Zentrum der Großpfarre­i

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