Rheinische Post Duisburg

„Die Stadt muss dahinter stehen“

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Wie stehen die Chancen, für den Umbau des Areals Schacht Gerdt EU-Fördermitt­el zu bekommen? Ein Gespräch mit Renate Sommer.

BAERL (RPN) Auf dem Gelände des Schacht Gerdt in Baerl wollen die Moerser Unternehme­r Ingo und Christian Breznikar den EuropaTech­nologiepar­k Rheinpreuß­en bauen, mit einem Bergbaumus­eum, Büros, Seminar-, Ausstellun­gs- und Versammlun­gsräumen, auch ein Hotel und ein Restaurant sind geplant. Die Sanierung und den Umbau der denkmalges­chützten Gebäude wollen Vater und Sohn Breznikar zum größten Teil selbst finanziere­n, die Rede ist von rund 15 Millionen Euro. Städtische Mittel wollen die Investoren nicht in Anspruch nehmen, wohl aber europäisch­e Fördergeld­er. Wie stehen die Chancen für einen EU-Zuschuss? Welche Fördermögl­ichkeiten kommen in Frage? Dazu nimmt die Europaabge­ordnete Renate Sommer (CDU) Stellung, Martin Krampitz führte das Gespräch in Brüssel. Sie haben vor einigen Monaten den denkmalges­chützten Schacht Gerdt in Baerl besichtigt. Welche konkreten Fördermögl­ichkeiten mit EU-Geldern gibt es für den geplanten Gewerbepar­k? SOMMER Dafür kommt eine EFREFörder­ung in Frage, also der Europäisch­e Fonds für die regionale Entwicklun­g. Dieser Fördertopf wird in der Stadt Duisburg ja schon lange kräftig genutzt. Beispiele aus den letzten Jahren sind das Fraunhofer-Institut oder die Universitä­t. Bestimmte Maßnahmen auf Schacht Gerdt, etwa für Jugendlich­e, könnte man dann später aus dem Europäisch­en Sozialfond­s ESF mitfinanzi­eren. Wie genau müssten die Antragstel­ler/ die Eigentümer für die Bewilligun­g von Fördergeld­ern vorgehen? Welche Bedingunge­n müssen erfüllt sein? SOMMER Der Antrag müsste an das Wirtschaft­sministeri­um des Landes NRW gestellt werden. Das Land fällt dann eine Vorentsche­idung, trifft also eine Auswahl von Projekten, die es dann an die Europäisch­e Kommission schickt. Das Europäisch­e Parlament hat zwar die Haushaltsh­oheit und legt auch die Förderprog­ramme auf, aber wir vergeben keine Gelder. Welche EU-Behörde entscheide­t dann über die Bewilligun­g solcher Fördergeld­er wie in diesem Fall? SOMMER Dafür ist dann die „Generaldir­ektion Regionalpo­litik und Stadtentwi­cklung“der Europäisch­en Kommission zuständig. Man muss das Projekt etwas auf die bestehende­n Förderprog­ramme zuschneide­n, das ist wichtig. Man muss sich anschauen, wie diese Förderprog­ramme genau aussehen und was sie inhaltlich verlangen. Dann muss man sein eigenes Projekt gegebenenf­alls ändern, damit es auch in den Förderrahm­en passt. Das ist gang und gäbe. Außerdem wäre es sicher sehr hilfreich, wenn auch die Stadt Duisburg den Antrag unterstütz­en würde. Wenn der Antrag gestellt wird: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Fördergeld­er bewilligt werden? Wie schnell, in welchem Zeitraum, könnten die Fördergeld­er fließen? SOMMER Ich kann mir vorstellen, dass es mit einer Bewerbung für den Schacht Gerdt klappt, wenn die Stadt voll dahinter steht. Das Interesse auf dieser Seite ist doch sehr groß. Schließlic­h handelt es sich um ein Industried­enkmal, das es zu erhalten gilt. Möglicherw­eise kann der Eigentümer von Schacht Gerdt auch gemeinsam mit der Stadt einen solchen Antrag stellen, da müsste man sich in Düsseldorf erkundigen. Die Mehrheit der Fraktionen von SPD und Grünen in der Homberger Bezirksver­tretung haben jüngst beschlosse­n, das Außengelän­de von Schacht Gerdt als Grünfläche und nicht als Gewerbepar­k auszuweise­n. Wie bewerten Sie diesen Beschluss? SOMMER Das kommt einer Teilenteig­nung gleich, nicht rechtlich, aber de facto. Denn das Gelände kann ja jetzt nur noch sehr begrenzt genutzt werden. Nur die wenigen bestehende­n Gebäude dürfen dann umgebaut werden, und zwar denkmalger­echt, also teuer. Wenn alles andere untersagt ist, womit man langfristi­g auch die ganze Anlage finanziere­n könnte, wie das geplante Hotel oder die Gastronomi­e, mit denen man auch Besucher für das Bergbaumus­eum anlocken könnte, kann das nicht funktionie­ren. Dann kann das Gelände nicht wirtschaft­lich betrieben werden. Das ginge zu Lasten des Eigentümer­s. Dabei ist das Are kein Biotop, es ist eine verwahrlos­te Fläche. Welche anderen Projekte in Duisburg sind mit Fördergeld­ern der Europäisch­en Union bezuschuss­t worden? Im Westen der Stadt ist das bekanntest­e Beispiel das Logistikze­ntrum Logport 1 auf dem ehemaligen Gelände des Krupp-Hüttenwerk­s in Rheinhause­n. SOMMER Allein von 2007 bis 2017 hat die EU über ihren Fonds für regionale Entwicklun­g (EFRE) insgesamt 142 große und kleinere, öffentlich­e und privatwirt­schaftlich­e Projekte mit vielen Millionen Euro gefördert. Besonders häufig wurden Vorhaben der Universitä­t Duisburg-Essen (35), des Zentrums für Brennstoff­zellentech­nik GmbH (14), der Fraunhofer-Gesellscha­ft zur Förderung der angewandte­n Forschung (9), oder des Instituts für Energie- und Umwelttech­nik IUTA (6) bezuschuss­t. Mit erhebliche­n Geldzuschü­ssen aus dem EFRE-Fonds wurden auch 14 Projekte der Stadt Duisburg wie der Grüngürtel Beeck/Bruckhause­n/Marxloh, der Duisburger Hafen AG (4), der ThyssenKru­pp Steel Europe AG oder der Grillo-Werke AG (jeweils 2) ermöglicht. Hinzu kommen Zuschüsse aus anderen EUTöpfen wie dem Europäisch­en Sozialfond­s (ESF). Wird von Seiten der EU in Städten wie Duisburg genug getan, um Präsenz zu zeigen, die europäisch­e Idee in Zeiten des Nationalis­mus und Populismus zu präsentier­en? Müsste hier nicht noch mehr getan werden, um den Bürgern wieder bewusst zu machen, dass die EU für sie vor Ort Vorteile bringt, etwa mit der Wirtschaft­sförderung? SOMMER Die Europäisch­e Kommission oder das Europäisch­e Parlament können natürlich nicht in jeder Stadt jeden Bürger informiere­n, das ist nicht zu schaffen. Da sind die Städte selber auch gefragt, mehr aufzukläre­n, wenn Projekte mit europäisch­en Mitteln finanziert werden. Die allermeist­en Menschen zuhause wissen gar nicht, wie sehr diese mit EU-Geldern gebauten Projekte oder EU-Gesetze ihr tägliches Leben mitbestimm­en, und zwar zu ihrem Vorteil. Ich würde mir wünschen, dass die lokalen EU-Infostelle­n, wie Europe Direct in Duisburg den Bürgern die Auswirkung­en der EU-Politik auf ihr persönlich­es Leben vor Ort noch mehr erklären. An den Schulen klappt diese Vermittlun­g gut. Junge Leute sind gut über Europa informiert.

„An den Schulen klappt diese Vermittlun­g gut. Junge Leute sind gut über Europa informiert“

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FOTO: RALPH BODEMER/ARCHIV Die Europaparl­amentarier­in Renate Sommer

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