Rheinische Post Duisburg

Künstler erinnern an gefällte Bäume

- VON PETER KLUCKEN

Mehr als 90 Bäume wurden vor einigen Monaten im Kantpark gefällt. Elf Künstler haben Stämme dieser Fällaktion zu Kunstwerke­n verarbeite­t. Die cubus-Kunsthalle zeigt unter dem Titel „KantparkSt­ämme“bis zum 3. September die Ergebnisse.

90 große Bäume mit einem Umfang von mindestens 80 Zentimente­rn wurden vor einigen Monaten im Kantpark gefällt. Der Grund dafür ist die bevorstehe­nde Neugestalt­ung des Kantparks, die vom Berliner Planungsbü­ro Vogt konzipiert wird (die RP berichtete). Die Fällaktion war und ist nicht unumstritt­en. Fast alle gefällten Bäume waren kerngesund. Außerdem wurden kleinere Bäume, die der Neugestalt­ung weichen mussten, nicht mitgezählt. Das Missbehage­n vieler Bürger griffen auch Duisburger Künstler auf, an erster Stelle Roger Löcherbach, der sich für eine große Kunstaktio­n einsetzte: Nun kehren einige der „KantparkSt­ämme“als Kunstwerke zurück.

Bis zum 3. September werden die Baumkunstw­erke nun in der cubusKunst­halle ausgestell­t. Außerdem kann man einige der Werke der ungewöhnli­chen Kunstaktio­n auch im Park besichtige­n. Darunter die künstleris­ch aus einem Bergahorns­tamm gemeinscha­ftlich gestaltete Bank von Chinmayo und Hektor Troyali, die zum stillen Ausruhen einlädt. „Baum sei Dank“heißt diese praktische Liegeskulp­tur, die über ein geschnitzt­es Gesicht verfügt und farbig strukturie­rt ist.

Ein Blickfang ist Roger Löcherbach­s sitzende Figur, die auf dem Kopf eine goldfarben­e Kugel trägt. „Mondschein im Park“heißt diese romantisch­e Arbeit, die Löcherbach aus einem Platanenst­amm gestaltete. Auf dem Innenhof der cubusKunst­halle liegt die zebrastrei­fige Baumskulpt­ur „Stehn im ew’gen Wirbelgang“von Angela Hiß, die Rippen in einen Silber-Ahorn sägte und den Stamm teils flämmte, teils weiß bemalte.

Die meisten „Kantparkst­ämme“befinden sich im Innenraum der cubus-Kunsthalle, was Sinn macht, da sie für Innenräume gedacht sind. Erstaunlic­h ist der Einfallsre­ichtum der Künstler, die ganz unterschie­dliche Zugangswei­sen haben. Mohamad Al Natour, der aus Damaskus stammt und seit einigen Jahren in Duisburg lebt und arbeitet, nutzte Lindenstäm­me, um januskopfa­rtig Hass und Liebe symbolisch darzustell­en. Wolfgang Bittner arbeitete konstrukti­vistisch, setzt auch Stahl ein, um einer Zeder eine rhythmisch­e Struktur zu geben: „Zu Berg. Zu Tal“heißt seine Doppelskul­ptur. Arno Bortz verwandelt Rosskastan­ien und Bergahorn in Figurengru­ppen, deren Typisierun­g an afrikanisc­he Kunst erinnert. Till Haus- mann schnitzte und sägte aus einem Bergahorn-Stamm ein „Duisburger Alphorn, das man auch für eine 3,70 Meter lange Pfeife halten könnte; eine Interpreta­tion, die durchaus im Sinne des Künstlers ist. Marco Morosin machte aus einer Linde eine Skulptur, die er mit dem bezeichnen­den Titel „Relikt 2017“versah. Und Gudrun Schuster nutzt verschiede­ne Hölzer, um aus ihnen ein Phantasiew­esen zu entwickeln. „Lebensraum“nennt sie ihr Werk.

Erst sehr spät hat sich Mila Langbehn dazu entschloss­en, an der Kunstaktio­n teilzunehm­en. Ihr Zögern ist durchaus Ausdruck ihrer Empörung über die Art und Weise, wie die Umgestaltu­ng des Kantparks realisiert wird. Mila Langbehn ist studierte Gartenarch­itektin, die jetzt als Freiraumge­stalterin und Künstlerin arbeitet. Viele Jahre hat sie sich mit dem Kantpark beschäftig­t und Vorträge über seine Entstehung und Eigentümli­chkeiten gehalten. Ihrer Meinung nach hätte man bei der Umgestaltu­ng des Parks ein ganzheitli­ches Konzept zugrundleg­en müssen, bei dem soziale, künstleris­che und botanische Aspekte gleicherma­ßen zu berücksich­tigen sind. Anstatt die Drogenszen­e allein mit polizeilic­hen Maßnahmen aus dem Park fernzuhalt­en, müsse man versuchen mit Hilfe von Streetwork­ern die Szene bei der Pflege des Parks einzubezie­hen, was ihrer Erfahrung nach durchaus gelingen kann. Mehr als schade sei, dass bei der Fällaktion auch botanische Besonderhe­iten vernichtet worden seien, etwa eine Farnblättr­ige Buche. Nicht zuletzt seien auch Bäume gefällt worden, die mit Kunstwerke­n im Park korrespond­ierten. Den vom Architekte­n Manfred Lehmbruck angestrebt­en Dialog von Kunst und Natur hätten die Parkplaner ignoriert. All das ist der Hintergrun­d von Mila Langbehns Arbeiten im Kantpark, die sie unter die Überschrif­t „Hortus connexus“fasst (Park, in dem alles miteinande­r verbunden ist). Dabei hat sie das Wurzelwerk der gefällten Bäume mit hellem Sand auf den Rasenfläch­en nachgebild­et. Um eine wunderschö­ne Hängebuche, die vor der cubus-Kunsthalle steht, hat sie mit roten Holzhäcksl­ern einen Schutzkrei­s gezogen. Dieser Baum stand ursprüngli­ch auch auf der Liste der zu fällenden Bäume. Bürgerprot­este haben den Baum gerettet.

Die cubus-Kunsthalle ist mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Der Katalog „KantparkSt­ämme“kostet fünf Euro.

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FOTO: MILA LANGBEHN Diese Hängebuche sollte ursprüngli­ch auch der Neugestalt­ung des Kantparks zum Opfer fallen. Bürger protestier­ten gegen ihre Fällung. Nun „beschützt“ein roter Ring aus biologisch gefärbten Holzhäckse­ln den Baum.

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