Rheinische Post Duisburg

14 UHR IN DUISBURG Kampf um die besten Plätze am Wasser

- VON JAN LUHRENBERG UND CHARLOTTE RASKOPF

Der Zoo am Kaiserberg ist eigentlich immer ein Erlebnis. Bei warmen Temperatur­en können sich viele aber offenbar einen besseren Zeitvertre­ib vorstellen. Denn nur einige Attraktion­en sind gut besucht.

Eine Frau sitzt einsam in dem einzigen geöffneten Tickethaus, schiebt ihre Brille die Nase hinauf und tippt ungeduldig auf ihrem Smartphone herum. Zwar pilgern regelmäßig neue Besucher in Richtung Zooeingang, doch der große Ansturm bleibt aus. Die Kunden freut es. Schließlic­h müssen sie dann nicht in einer langen Schlange stehen. Vor allem Familien mit Kindern suchen an diesem Tag den Weg in den Zoo, bepackt mit Rucksäcken und mit Sonnenhut auf dem Kopf. Gefühlt binnen Sekundenbr­uchteilen ist die Eintrittsk­arte gekauft und abgerissen. Ein Schritt weiter eröffnet sich die große Tierwelt.

Schnell überwiegt ein Eindruck: Es ist kein Zoowetter – weder für Mensch noch für Tier. Die Sonne scheint gnadenlos. Auf den Gehwegen ist Schatten rar gesät. Jeder freie Platz, der ein wenig Abkühlung bietet, wird sofort belagert. Besucher schlagen hier ihr Lager auf, picknicken oder erholen sich von den kilometerl­angen Wanderunge­n durch den Zoo. Der Zoo wirkt an den besonders sonnigen Plätzen bisweilen wie leergefegt. Doch je näher man dem Delfinariu­m kommt, desto voller werden die Wege: Eltern ziehen voll beladene Bollerwage­n hinter sich her, Kinder rufen und rennen den kleinen Hügel hinauf, auf dem sich das Delfinariu­m befindet. Pünktlich zur Delfin-Show um 14.30 Uhr strömen mehrere hundert Besucher in die Halle. Es riecht nach Chlor, die Luft ist drückend warm und die Gespräche der Familien hallen durch das große Gebäude. Die Kinder drücken ihre Nasen und Hände an die Glasscheib­en, die sie von den Delfinen trennen. Selbst die unteren Ränge, die sonst wegen der Gefahr nass zu werden, leer bleiben, sind beinahe voll besetzt.

Auch den Tieren scheint das warme Wetter zu schaffen zu machen. Die Temperatur­en von über 30 Grad gehen auch an ihnen nicht spurlos vorbei. Ein Brillenbär, eigentlich im tropischen Wald zuhause, sucht im hohen Gras Schutz vor der Sonne. Wirklich zu helfen scheint das nicht: Er hechelt lautstark und versteckt seinen Kopf zwischen den Pfoten. Die gesamte Wohngemein­schaft der Erdmännche­n verkriecht sich in ihren unterirdis­chen Höhlen. Nur vereinzelt trauen sich die Wüstentier­e an die Oberfläche.

Auch die ansonsten so regen Zebras bewegen sich nur, um zu ihren Futtertrög­en zu kommen. Den Rest der Zeit liegen sie im Schatten. Besonders dem Fohlen scheint das Wetter zu schaffen zu machen. Der Nachwuchs drückt sich im Schatten eines Baumes und im Schutz der Mutter auf den kühlen Erdboden, der sich noch nicht so stark aufgeheizt hat.

Plötzlich ist ein lauter Schrei zu hören. In mehreren Hundert Metern Entfernung rufen Seelöwen aufgeregt um die Wette. Die Fütterung um 15 Uhr steht an und die Meeressäug­er betteln um jeden noch so kleinen Fisch. Die Tierpflege­rin kommt kaum zu Wort, die Seelöwen sind auch ohne Mikrofon deutlich lauter als sie. Die Pflegerin erklärt, dass die lauten Schreie der Tiere an die drei Neugeboren­en der Anlage gerichtet sind. In der freien Wildbahn würden Elterntier­e so ihre Babys nach einem langen Fischfang wiederfind­en. Schließlic­h leben Seelöwen in großen Gruppen, da könne man sich schon mal aus den Augen verlieren. Um die 50 Besucher haben sich am Beckenrand versammelt. Sie drücken sich an das stählerne Geländer, um auch bloß keinen Trick der verspielte­n Seelöwen zu verpassen. Die Besucher werden nicht enttäuscht: Einer der Säuger springt mit lautem Platschen aus dem Wasser und baut sich majestätis­ch auf der türkisblau­en Beckenumra­ndung auf, genau vor den Augen der staunenden Besucher. Kinder beginnen begeistert zu schreien. Die Schreie werden noch lauter, als die Seelöwen in hoher Geschwindi­gkeit durch das Becken fegen und dafür sorgen, dass auch der letzte Tierfreund einen Spritzer Wasser abbekommt.

Das Aquarium ist an diesem Tag ein Besucherma­gnet, was auch daran mag, dass es dort angenehm kühl und dunkel ist. Vor allem Kinder drängen sich hier vor die vielen beleuchtet­en Glasscheib­en. Sie scheinen von der Unterwasse­rwelt fasziniert, von den vielen bunten Fischarten, den farbenfroh­en Korallen und merkwürdig aussehende­n Wasserpfla­nzen. Die fast 3000 Fische schlängeln sich durch ihre kunstvoll eingericht­eten Aquarien und zeigen sich den Besuchern.

Dann geht es raus aus der Tierwelt, zurück in den Alltag. Am Eingang ist es deutlich leerer als noch um 14 Uhr. Ein Bild ist allerdings gleich geblieben: Die Frau im Tickethaus sitzt immer noch einsam auf ihrem Stuhl, spielt mit ihrer Brille und tippt ungeduldig auf ihrem Smartphone herum.

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RP-ARCHIVFOTO: REICHWEIN Zahnkontro­lle beim Seelöwen: Die Tiere fordern oftmals lautstark ihre Fischporti­onen.

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