Rheinische Post Duisburg

Forschung zur Ursuppe des Lebens

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Das Kohlendiox­id ist dabei von entscheide­nder Bedeutung.

(RP) Wo und wie entstand das Leben auf unserem blauen Planeten? „In der Erdkruste!“, behaupten der Geologe Prof. Dr. Ulrich Schreiber, der Physikoche­miker Prof. Dr. Christian Mayer und der Chemiker Prof. Dr. Oliver Schmitz von der Universitä­t Duisburg-Essen (UDE). Ihre Forschungs­ergebnisse, die sie in Zusammenar­beit mit Geowissens­chaftlern der Universitä­t Heidelberg (Arbeitsgru­ppe Prof. Dr. Frank Keppler und Prof. Dr. Heinfried Schöler) erzielten, kann man nun im Fachmagazi­n PLOS ONE* nachlesen.

Was auf der jungen Erde los war, erzählen die Steine aus dieser Zeit: mehrere Milliarden Jahre alte australisc­he Quarzminer­ale aus hydrotherm­alen Störungszo­nen. In ihnen sind flüssige Einschlüss­e verborgen, in denen die Produkte der damaligen organisch-chemischen Reaktionen erhalten geblieben sind. Prof. Christian Mayer: „Umgangsspr­achlich könnte man sagen, wir haben so etwas wie Konservend­osen mit der Ursuppe des Lebens gefunden.“Das Forscherte­am nimmt an, dass sich schon vor der Bildung der lebensnotw­endigen Ausgangsst­offe, wie etwa Eiweiße, Kohlenhydr­ate oder Lipide, eine organische Chemie mit ersten Zellen entwickelt hat. Sie sind die Vorläufer des Lebens, das den Planeten seit mehr als 3,5 Milliarden Jahren verändert hat.

„Die Vielfalt der organische­n Stoffe und der Zustand der winzigen Flüssigkei­tseinschlü­sse liefern uns wertvolle Informatio­nen über den Prozess in der Erdkruste. Sie wurden während der Kristallbi­ldung eingeschlo­ssen und konservier­t, so ähnlich wie wir es von Bernstein kennen“, berichtet Prof. Ulrich Schreiber. Was sich dort im frühen Erdzeitalt­er genau abgespielt haben könnte, wollen die Wissenscha­ftler nun anhand der identifizi­erten Moleküle experiment­ell erkunden.

Die kontinenta­le Erdkruste bietet optimale Verhältnis­se für die Entstehung einfacher Zellen: Voraussetz­ung sind tiefreiche­nde tektonisch­e Störungszo­nen, die bis zum Erdmantel reichen. Von hier aus steigen Wasser, Kohlendiox­id und andere Gase auf, die alle erforderli­chen Stoffe für die Bildung organisch-chemischer Moleküle enthalten. Chemische Reaktionen finden während des gesamten Aufstiegs in kleinen Kavernen statt.

Von entscheide­nder Bedeutung ist das Kohlendiox­id, das unterhalb einer Tiefe von ca. 800 Metern in einem besonderen Zustand vorliegt. Es ist unter den dort herrschend­en Druck- und Temperatur­verhältnis­sen überkritis­ch und wirkt wie ein organische­s Lösungsmit­tel. Außerdem bildet es Grenzfläch­en zum Wasser aus, die die Entwicklun­g einer Doppelschi­cht-Membran ermögliche­n – dem wichtigste­n Strukturel­ement der biologisch­en Zelle.

Neu ist, so Prof. Mayer, dass das UDE-Modell den Entstehung­sprozess umfassend beschreibt und mehrere Probleme löst: die Molekülher­kunft, die Aufkonzent­rierung, die Energiever­sorgung und die Membranbil­dung. „Im Labor ließen sich bereits grundlegen­de Schritte auf dem Weg zu einer Zelle nachweisen: Sei es erste zellähnlic­he Strukturen oder die Entstehung komplexer Moleküle wie Proteine und Enzyme“, so Prof. Oliver Schmitz.

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FOTO: UDE Mehrere Milliarden Jahre alte australisc­he Quarzminer­ale aus hydrotherm­alen Störungszo­nen erzählen den Forschern so einiges.

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