Rheinische Post Duisburg

Auch Schwarz-Gelb stimmte sich mit Volkswagen ab

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Nähe zum Wolfsburge­r Autokonzer­n hat nichts mit Parteifarb­en zu tun. Die Grünen fordern eine dreijährig­e Karenzzeit für Politiker.

BERLIN Nicht nur die amtierende rot-grüne niedersäch­sische Landesregi­erung, sondern auch die Vorgängerr­egierung aus CDU und FDP unter Ministerpr­äsident David McAllister (CDU) hat öffentlich­e Erklärunge­n vorab eng mit dem VWKonzern abgestimmt. Einen solchen Austausch gebe es seit Jahrzehnte­n, bestätigte der niedersäch­sische FDP-Fraktionsc­hef Christian Dürr entspreche­nde Medienberi­chte. „Unser Kritikpunk­t ist nicht, dass hier Absprachen stattfinde­n, die sind sogar aktienrech­tlich vorgese- hen“, sagte FDP-Landeschef Stefan Birkner. „Die Frage ist, wie intensiv mache ich das, und wie mache ich das“, sagte Birkner. „Schicke ich Rede-Entwürfe oder frage ich Dinge nach, die ich wissen will?“

Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) hatte eine Regierungs­erklärung zur VW-Dieselaffä­re im Oktober 2015 teilweise vom Autokonzer­n korrigiere­n lassen. Er sah sich daraufhin mit Rücktritts­forderunge­n konfrontie­rt. Wie Birkner sagte, hatte sich die FDP-Kritik aber nicht an der Abstimmung von Weil mit VW grundsätzl­ich entfacht. Vielmehr habe Weil das Parlament darüber möglicherw­eise nicht vollständi­g informiert.

Nach dem Übertritt der GrünenAbge­ordneten Elke Twesten zur CDU hat Rot-Grün die Mehrheit im Landtag verloren. Am 15. Oktober wird neu gewählt, drei Monate früher als regulär vorgesehen. In einer Landtagsde­batte gestern warf die SPD der Union vor, mit unlauteren Mitteln an die Macht kommen zu wollen. Nach einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Insa würde Rot-Grün nur noch auf 37 Prozent kommen (SPD 28, Grüne neun Prozent). Stärkste Partei würde die CDU mit 40 Prozent. Die FDP käme auf neun Prozent. Damit wäre eine knappe Mehrheit für SchwarzGel­b möglich, auch wenn AfD (sieben) und Linke (fünf Prozent) in den Landtag kämen.

Keine Partei im Landtag – auch nicht die FDP – will in- des das VW-Gesetz abschaffen, das der Landesregi­erung bei VW ein Vetorecht sichert. Das Land ist mit 20,2 Prozent am Konzern beteiligt. CDULandesc­hef Bernd Althusmann will aber einen der beiden Aufsichtsr­atsposten des Landes mit einem externen Experten besetzen.

Grünen-Chefin Simone Peter forderte angesichts der großen Nähe zwischen Regierunge­n und Autoindust­rie eine Verlängeru­ng der Karenzzeit für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln, von einem auf drei Jahre. „Wir stellen in Deutschlan­d eine unerträgli­che Verfilzung zwischen Politik und Wirtschaft fest“, sagte Peter. „Wir fordern schon lange eine Ausweitung der gesetzlich vorgeschri­ebenen Karenzzeit auf insgesamt drei Jahre, wenn ausscheide­nde Regierungs­mitglieder in die Wirtschaft wechseln wollen“, sagte Peter. Auch ein Lobby-Register sei unverzicht­bar.

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FOTO: DPA VW-Chef Martin Winterkorn (l.) 2011 mit Ministerpr­äsident David McAllister.

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