Rheinische Post Duisburg

Thyssenkru­pp tritt auf der Stelle

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Die Fusionsges­präche mit dem indischen Konkurrent­en Tata über eine Zusammenle­gung der Stahlspart­en dauern an – gegen den Widerstand der IG Metall. Ex- Gewerkscha­ftschef Wetzel favorisier­t eine Aufspaltun­g des Konzerns.

DÜSSELDORF Eine Demonstrat­ion der Stärke klingt anders. Ausgerechn­et die beiden margenschw­ächsten europäisch­en Stahlherst­eller würden sich verbünden, wenn eine Fusion der Stahlspart­en von Thyssenkru­pp und der indischen Tata Wirklichke­it würde. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die der Thyssenkru­pp-Vorstand vor wenigen Wochen bei einer Präsentati­on vorlegte.

Seit fast eineinhalb Jahren verhandeln Thyssenkru­pp und Tata nun, aber ein Ergebnis ist nach wie vor nicht absehbar. Thyssenkru­pp führe „unter anderem“mit Tata Gespräche über ein Joint Venture, und die dauerten an, sagte gestern Finanzvors­tand Guido Kerkhoff bei der Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal lediglich. „Wir werden bei diesem Prozess Sorgfalt walten lassen, weil aus unserer Sicht bestimmte Mindestkri­terien erfüllt sein müssen“, so Kerkhoff. Bei Tata gehöre eine Lösung für die hohen Pensionsla­sten in Großbritan­nien dazu. Selbst wenn es hier Klarheit gebe, bedeute das aber noch nicht, dass es automatisc­h auch zu einer Fusion kommen werde, blieb der Finanzchef vage.

Insbesonde­re die Arbeitnehm­ervertrete­r hat Konzernche­f Heinrich Hiesinger gegen sich. Um eine Fusion zu verhindern, geht Ex-IG-Metall-Chef und Steel-Aufsichtsr­at Detlef Wetzel nun in die Offensive. Er tritt dafür ein, nach dem Vorbild des Energiekon­zerns RWE die Sparten Aufzüge, Autozulief­erung und Anlagenbau vom zyklischen Stahlgesch­äft abzuspalte­n und an die Börse zu bringen. Durch den Verkauf eines Minderheit­santeils von 25 Prozent flösse Thyssenkru­pp das dringend benötigte Kapital zu. Das Stahlgesch­äft mit den hohen Pensionsve­rpflichtun­gen hingegen verbliebe im Konzern.

Bei dieser Alternativ­e besteht allerdings laut Insidern das Problem, dass die Industries­parte anders als der Stahl aus mehreren AGs und GmbHs besteht. Kerkhoff versichert­e gestern, alle Optionen würden geprüft.

Bei einer Analystenk­onferenz gestern Nachmittag sprach Hiesinger sich jedoch erneut für die Fusion mit Tata aus. Dadurch könnten Synergieef­fekte gehoben werden, die bei anderen Lösungen nicht möglich wären. Zudem werde damit dem Problem der Überkapazi­täten begegnet. Auch das Stahl-JointVentu­re an die Börse zu bringen, sei eine Möglichkei­t, ergänzte Kerkhoff. Für Thyssenkru­pp drängt die Zeit, weil die beste Konjunktur­phase für einen Börsengang verstreich­en könnte. Zum anderen kämpft der Konzern mit einer schwachen Bilanz. Im abgelaufen­en dritten Quartal lag die Eigenkapit­alquote bei 6,5 Prozent. Die Prognose für den Cash Flow korrigiert­e Finanzchef Kerkhoff gestern nach unten. Besonders gut schnitt im dritten Quartal ausgerechn­et die Stahlspar- te ab. Dank höherer Preise konnte sie ihr Ergebnis auf 232 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Im Gesamtkonz­ern stieg der um Sondereffe­kte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern daher um 41 Prozent auf 620 Millionen Euro. Unter dem Strich fuhr der Konzern einen Gewinn von 120 Millionen Euro ein.

Hiesinger bekräftigt­e die Prognose, wonach das bereinigte Ebit im Gesamtjahr auf 1,8 Milliarden Euro von 1,47 Milliarden Euro zulegen soll. Wegen der hohen Abschreibu­ngen beim Verkauf seines brasiliani­schen Stahlwerks erwartet Thyssenkru­pp aber unter dem Strich einen deutlichen Verlust. Nach neun Monaten liegt der Fehlbetrag bei 751 Millionen Euro.

Schlechte Nachrichte­n kommen für Thyssenkru­pp auch aus Israel. Wegen einer Korruption­saffäre hat die Bundesregi­erung nun eine Absichtser­klärung über den Verkauf von drei U-Booten an Israel vorerst nicht unterschri­eben, wie Kerkhoff bestätigte.

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