Trendiges Rätselspiel im Kirchturm
Für ein Wochenende bekommt Duisburg einen neuen „Escape Room“: Die Auferstehungsgemeinde verwandelt den Kirchturm in die Wartburg und erzählt eine Luther-Geschichte
UNGELSHEIM Für drei Tage verwandelt sich ein Turmzimmer der Auferstehungskirche in die Wartburg. Wer es betritt, begibt sich auf eine Zeitreise: Mittelalter, das Jahr 1521, Martin Luther hält sich auf der Wartburg versteckt. Ein Rätsel umgibt das Zimmer, in dem er an seiner Bibelübersetzung gearbeitet hat. Genauer: nicht nur eines, sondern
„Ein Escape-Room?
Das ist wie ein Real-Life-Computer
spiel“
Clara-Kaspers
Mit-Entwicklerin des Spiels
viele Rätsel. Denn vier junge Gemeindemitglieder fassen die Geschichte des Reformators in einen aktuellen Trend: Fürs Gemeindefest gestalten sie einen Luther-EscapeRoom.
Noch sieht es im Turmzimmer ein wenig aus wie während der Vorbereitung zu einer Theaterinszenierung, und irgendwie ist es das ja auch. In einer Ecke steht ein Regal voller alter Bücher, an einer Wand ein historischer Reisekoffer. „Was unsere Großmutter und wir so im Keller hatten“, verrät Henrike Kaspers. Requisiten, die zum Gemeindefest Anfang September eine Geschichte erzählen werden, eine Geschichte, die sich um Luther dreht. Historisch begründet, aber doch fiktional, denn ausgedacht haben sich die Geschichte vier junge Menschen: Clara und Henrike Kaspers, die beiden Töchter des Pfarrers, sowie Marius Melcher und Sebastian Klomp. Sie haben auch den Raum ausstaffiert und sich Rätsel überlegt. Zusammen ergibt sich ein Escape Room.
Escape Rooms sind seit einigen Jahren ein Trend. „Das ist wie ein Real-Life-Computer-Spiel“, erklärt Clara Kaspers. Die Räume überset- zen das Prinzip der sogenannten Adventure Games ins echte Leben: Statt am Bildschirm erkunden die Spieler einen echten Raum, statt auf eine Kiste zu klicken, öffnen sie sie tatsächlich. Wenn sie nicht erst ein Schloss knacken müssen: Zahlreiche Rätsel wollen erst einmal gefunden und dann gelöst werden, oft öffnet die Ziffernkombination das Schloss – und wirft die nächste Frage auf. „Ein Rätsel führt zum anderen, und das letzte führt zum Ziel“, erläutert Marius Melcher.
Was das Ziel beim Luther-EscapeRoom in der Wartburg, nun ja, Auf- erstehungsgemeinde ist, wird noch nicht verraten – das wäre so, als würden die Teilnehmer ein Buch lesen, dessen Ende sie schon kennen. Die Geschichte eines Escape Rooms will erlebt, will erfahren werden.
Eine halbe Stunde haben die Teilnehmer am Gemeindefest dazu Zeit. Eine halbe Stunde, um den Raum zu erkunden, Rätsel zu finden und zu lösen, zu grübeln – und sich am Ende über die Lösung zu freuen. „Man kann sich gegenseitig helfen und zusammen überlegen, das macht immer Spaß“, sagt Clara Kaspers.
Doch der Schein kann auch trügen: Nicht alles führt zum Ziel, manches ist schlicht Ablenkung. Die Spieler sollen es ja schließlich nicht zu einfach haben. Unlösbar sollen die Rätsel aber auch nicht sein, und deshalb wird bei jedem Durchgang einer der vier Erschaffer des LutherEscape-Rooms die Spieler begleiten und Tipps geben, wenn’s gar nicht mehr weiter geht. Mittelalterlich gewandet, versteht sich.
Ein knapper Monat Zeit bleibt den vier Geschichtenerzählern noch, um ihren Escape Room fertig zu gestalten. „Wir wollen im Raum Mittelalteratmosphäre erzeugen“, sagt Marius Melcher, passend nicht nur zu Luther, sondern auch zum Mittelaltermarkt auf dem Gemeindefest, das im Lutherjahr 2017 zu 500 Jahren Reformation ganz im Zeichen des Reformators und seiner Zeit steht.
Dazu gehört – gerne, aber nicht verpflichtend – auch, dass sich die Besucher des Festes zeitgenössisch kleiden. Und vom Mittelaltermarkt die Stufen emporsteigen ins Turmzimmer: in die Wartburg. Auf Entdeckungsreise gehen im Mittelalter, auf den Spuren Martin Luthers. Sich auf einen Escape Room einlassen und ihrer eigenen Zeit einmal entfliehen. Oder, wie Clara Kaspers es formuliert: „Man taucht für eine halbe Stunde ein in diese vergessene Welt.“