Rheinische Post Duisburg

Regierungs­bildung nach der Wahl könnte sich verzögern

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ

Die SPD will die Niedersach­sen-Wahl abwarten, bevor sie im Bund Sondierung­en führt. Die anderen Parteien wollen da nicht mitspielen.

BERLIN Der Wahlkampf wird mit der Bundestags­wahl am 24. September für die Parteien noch nicht zu Ende sein. Drei Wochen später, am 15. Oktober, gilt es noch die Landtagswa­hl in Niedersach­sen für sich zu entscheide­n. Jetzt hat die SPD angekündig­t, in dieser Zeit keine Sondierung­sgespräche führen zu wollen. Die Zusammense­tzung einer neuen Bundesregi­erung wäre damit unmöglich – zumindest, wenn die SPD beteiligt werden soll.

Der Fraktionsc­hef der Sozialdemo­kraten im Bundestag, Thomas Oppermann, hatte diese Strategie am Rande seiner Sommerreis­e im Harz bekanntgeg­eben. Der Grund ist denkbar einfach: Man will den Ausgang der für die SPD sehr wichtigen Landtagswa­hl nicht durch eine Koalitions­entscheidu­ng im Bund beeinfluss­en. Noch-Ministerpr­äsident Stephan Weil muss kämpfen, derzeit liegt er in den Umfragen mit 32 Prozent für die SPD hinter Herausford­erer Bernd Althusmann, dessen CDU auf 40 Prozent kommt.

Oppermann, auch außerhalb der Politik ein enger Freund von Weil, hatte erklärt, es werde „keine Koalitions­verhandlun­gen oder Sondierung­en geben.“Bis zum 15. Oktober werden die Sozialdemo­kraten „den Wahlkampf ohne Unterbrech­ung fortsetzen“, so Oppermann.

Doch wie wahrschein­lich ist es, dass diese Strategie aufgeht? Wer sich bei den anderen Parteien – und möglichen Koalitions­partnern der SPD – umhört, stößt auf wenig Verständni­s für den Kurs der Sozialdemo­kraten. Michael Grosse-Brömer, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion im Bundestag und zudem niedersäch­sischer CDU-Abgeordnet­er, will da nicht mitziehen: „Auch diese Ankündigun­g der SPD zeigt einmal mehr das Motto der Sozialdemo­kraten: Erst kommen die Parteiinte­ressen, dann die Interessen der Menschen und des Landes“, ätzte er. Die Union werde in aller Ruhe die Entscheidu­ng der Wähler am 24. September abwarten und dann auf Bundeseben­e die erforderli­chen Schritte tun. „Den Wählerinne­n und Wählern ist nach unserer Auffassung kaum zu vermitteln, wenn in Berlin in der Zeit des niedersäch­sischen Wahlkampfs nicht gearbeitet wird“, sagte Grosse-Brömer.

Würden die Wahlergebn­isse also letztlich nur eine Neuauflage der großen Koalition ermögliche­n, wäre Stillstand unausweich­lich – die Zusammense­tzung der Regierung aber geklärt. Wahrschein­licher ist, dass auch andere Konstellat­ionen in Betracht kommen. Reicht es etwa für Schwarz-Gelb, da ist man sich in fast allen Parteien einig, wird es wohl wieder eine Regierung von Union und FDP geben. Was aber, wenn nur Dreierbünd­nisse eine Mehrheit hätten? Dann werden FDP und Grüne zum Kanzlermac­her.

Viele glauben, eine sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP hätte dann bessere Chancen als eine Ampel aus SPD, FDP und Grünen. Erste Unionspoli­tiker werben offensiv dafür, etwa Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU), der in seinem Land selbst so eine Koalition anführt. Der Nebeneffek­t: Die von Oppermann verkündete Strategie liefe ins Leere, die SPD wäre isoliert. Passend äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner: „Herr Oppermann spricht aus, dass die SPD mit dem Wählervotu­m rein taktisch umgehen will.“Solche Verzögerun­gstaktiken würden die Menschen einordnen können. „Die FDP sieht die Wahlen im Bund und in Niedersach­sen unabhängig voneinande­r“, sagte der liberale Spitzenkan­didat. Eine ähnliche Position haben die Grünen. Michael Kellner, politische­r Bundesgesc­häftsführe­r, sagte, nach der Wahl gehe es nicht um taktische Spielchen. „Drei Wochen verordnete Gesprächsp­ause von der Bundestags­wahl bis zum 15. Oktober halte ich für Unfug und unverantwo­rtlich den Wählern gegenüber.“Die Parteien seien gefordert sorgfältig zu prüfen, was geht oder was eben auch nicht, sagte Kellner.

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