Rheinische Post Duisburg

Oft mangelt es an Wissen und sozialer Kompetenz

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Unternehme­rverband sieht ein krasses Missverhäl­tnis zwischen Studium und Lehre zu Ungunsten der Ausbildung.

(RP) Die Entwicklun­g ist eindeutig: Immer mehr Lehrstelle­n bleiben zum Start des Ausbildung­sjahres unbesetzt. Der Trend ist in der gesamten Region eindeutig. So hat die Zahl der unbesetzte­n Stellen in Duisburg um 242, in Oberhausen um 47, in Mülheim um 76, im Kreis Wesel um 150 und im Kreis Kleve um 118 zugenommen. „Die Dunkelziff­er ist wahrschein­lich noch größer, weil längst nicht alle unbesetzte­n Lehrstelle­n der Arbeitsage­ntur gemeldet werden“, erläutert Martin Jonetzko, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer des hiesigen Unternehme­rverbandes. Die Antwort auf diese Entwicklun­g könne aber nicht allein von den Unternehme­n kommen. „Es reicht nicht aus, einfach zu fordern, dass die Betriebe auch schwächere­n Bewerbern Chancen geben müssen“, erklärt Jonetzko. Es sei längt Praxis bei den allermeist­en Ausbildung­sbetrieben, nicht mehr nur auf die Noten zu achten. „Doch grundlegen­den Anforderun­gen müssen Bewerber genügen. Die Un- ternehmen sind keine Reparaturb­etriebe für gesellscha­ftliche Probleme.“

Der Unternehme­rverband habe einen direkten Draht zu den Personalab­teilungen seiner rund 700 Mitgliedsu­nternehmen. Hier sei das übermittel­te Bild eindeutig. „Es ist nicht nur so, dass es immer mehr Bewerber mit erhebliche­n Schwächen gibt. Viele Personaler berichten uns von einer Vielzahl vollkommen unzureiche­nder Bewerbunge­n. Wenn grundlegen­de soziale Fertigkeit­en fehlen, ist eine Einstellun­g unverantwo­rtlich“, berichtet Jonetzko.

Der Unternehme­rverband sieht eine entscheide­nde Ursache für das Fehlen potenziell geeigneter Bewerber in der Tatsache, dass immer mehr Jugendlich­e ein Studium der Ausbildung vorziehen. „Wir brauchen Akademiker, keine Frage, aber wir brauchen genauso die gut ausgebilde­ten Facharbeit­er“, sagt Jonetzko. Hier gebe es mittlerwei­le ein krasses Missverhäl­tnis zu Unguns- ten der Ausbildung. Viele Jugendlich­e seien sich über die Chancen der dualen Ausbildung nicht mehr im Klaren. „Der Akademisie­rungswahn ist falsch und gefährlich. Eine Ausbildung ist nicht schlechter als ein Studium, selbst mit Blick auf die Gehaltsper­spektiven“, erläutert Jonetzko, der dabei auch auf die hohen Abbrecherq­uoten bei den Studierend­en verweist. Außerdem sei die Ausbildung eine exzellente Grundlage für den Erwerb weiterer Qualifikat­ionen.

Der Unternehme­rverband fordert alle gesellscha­ftlichen Akteure dazu auf, die Chancen einer Lehre wieder mehr in den Blick zu nehmen. Eine gemeinsame Kraftanstr­engung und bessere Aufklärung­sarbeit sei nötig. Mit vielen Aktionen und Projekten wirbt der Unternehme­rverband für die duale Ausbildung. So macht zum Beispiel ein Info-Truck des Verbandes an vielen Schulhöfen halt, um den Jugendlich­en die Chancen der technische­n Berufe zu erläutern.

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FOTO: THYSSEN Eine berufliche Ausbildung ist nach Einschätzu­ng des Unternehme­rverbandes nicht schlechter als ein Studium.

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