Rheinische Post Duisburg

Neustart für Panama

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Dem Deutschen Judo-Bund war Miryam Roper zu alt fürs Nationalte­am. Nun startet die 35-Jährige bei der WM für ihre zweite Heimat.

DÜSSELDORF/BUDAPEST Aufhören hätte sich wie aufgeben angefühlt. Und aufgeben ist für Miryam Roper noch nie eine Option gewesen. Also hörte sie nicht auf, als sie der Deutsche Judo-Bund (DJB) nach den Olympische­n Spielen von Rio de Janeiro aus dem Nationalka­der und aus der Sportförde­rung strich. Mit dem Hinweis auf ihr Alter von damals 34 und nach zehn Jahren im Nationalte­am. Ropers Glück: Es gab einen Weg, ihre Karriere fortzusetz­en. Für Panama, das Geburtslan­d ihres Vaters. Und so steht sie mit nun 35 für den Staat aus Mittelamer­ika bei der WM in Budapest als Medaillenk­andidatin auf der Matte.

Morgen beginnen die Kämpfe in Ropers Gewichtskl­asse bis 57 Kilogramm. Als Nummer fünf der Weltrangli­ste bescherte ihr die Auslosung zum Start ein Freilos. „Lasst die Party beginnen“, schrieb sie bei Facebook. Ihre Gegnerinne­n dürfen das durchaus als Warnung verstehen, Roper ist ja nun auch keine Unbekannte in der Szene. 2013 gewann sie WM-Bronze, 2015 EM-Bronze, 2012 und 2016 nahm sie an Olympia teil. Jahrelang kämpfte sie für den TSV Bayer Leverkusen und danach auch für den 1. JC Mönchengla­dbach. Roper weiß, dass sie die Bühne Budapest nutzen muss, denn der Wechsel nach Panama besitzt bei aller sportroman­tischen Komponente auch eine finanziell­e. Schließlic­h musste sie aus der Sportförde­rgruppe der Bundeswehr ausscheide­n. Unterstütz­t wird Roper seitdem vor allem vom Weltverban­d, aber Sponsoren stehen nicht gerade Schlange.

Immerhin darf Roper weiterhin in Köln am deutschen Olympiastü­tzpunkt trainieren, und sie misst sich regelmäßig mit den niederländ­ischen Kaderathle­ten, weil die von Ropers früherem Bundestrai­ner Michael Bazynski betreut werden. Gute Kontakte sind momentan so wertvoll wie wohl nie zuvor für Roper. Zumindest half der Verband seiner langjährig­en Vorzeigekä­mpferin dadurch, dass er dem Wechsel nach Panama zustimmte, statt sie für drei Jahre zu sperren – auch wenn es rund um ihre Nicht-mehrBerück­sichtigung durch den DJB böses Blut gab, weil diese ihr am Telefon übermittel­t wurde.

Zweimal war Roper seitdem in ihrer zweiten Heimat, bei ihren Verwandten und im Kreis der anderen Athleten des kleinen Judo-Nationalte­ams. „Im Trainingsz­entrum sind alle Kampfsport­arten zusammen in einer Halle untergebra­cht. Da sind dann zum Beispiel Löcher in den Matten“, erzählte sie, die 2013 Deutschlan­ds erste Weltrangli­stenerste war.

Im Wesentlich­en ist Roper auf sich allein gestellt. Doch das bewerkstel­ligte sie in den Monaten vor der WM so gut, wie sie es selbst nicht erwartet hatte. So gewann sie ohne Begleitung eines Trainers im Mai den Grand Slam im russischen Jekaterine­nburg. Da flossen dann auch ein paar Tränen, als die Nationalhy­mne Panamas gespielt wurde. Es war ein emotionale­r Erfolg, für ihren neuen Verband zugleich der erste dieser Größenordn­ung, erkämpft von der ältesten Grand-Slam-Siegerin. Seit Jekaterine­nburg ist sie ein kleiner Star für die vier Millionen Panamaer.

In Budapest würde Roper die Hymne nur zu gerne ein weiteres Mal hören. Das würde ihr maximale Aufmerksam­keit garantiere­n. Aufmerksam­keit, wie sie ihr eben auch die Geschichte vom Neustart für Panama zusicherte. „Judo ist meine Leidenscha­ft, aber ich werde nie damit aussorgen können“, sagte Roper schon vor einigen Jahren. „Ich versuche mich darzustell­en, ich bin ein extroverti­erter Typ.“Und so spielt sie gerne mit verschiede­nsten Frisuren, inszeniert sich über Outfits oder bei Medienterm­inen. „Aber ich würde nie versuchen, die Lachnummer der Nation zu werden, nur, um bekannter zu sein“, stellte sie klar.

Ein Gefühl will Roper übrigens in Budapest ausklammer­n. Das, dem DJB etwas beweisen zu wollen, zu müssen. „Ich habe weder Wut noch Ärger. Es war vielleicht nicht das Beste, was mir passieren konnte, aber schon ziemlich nah dran.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany