Rheinische Post Duisburg

Gabriel fühlt sich missversta­nden

- VON JAN DREBES

Der frühere SPD-Chef muss klarstelle­n: Er glaubt weiter an einen Wahlsieg.

BERLIN Sigmar Gabriel dürfte gestern häufig mit dem Willy-BrandtHaus telefonier­t haben. Der frühere SPD-Chef war bemüht – ebenso wie die Genossen in der Parteizent­rale – ein unglücklic­hes Zitat zu korrigiere­n. In einem Live-Interviews des „Spiegel“hatte Gabriel Mittwochab­end gesagt, Kanzlerkan­didat Martin Schulz könne bei einer neuen großen Koalition „einpacken“.

Gabriel nahm damit Bezug auf frühere Äußerungen, in denen er eine weitere große Koalition ablehnte und die Trennung von der Union in Aussicht stellte. In dem Gespräch hob er auf das Kräfteverh­ältnis ab, wonach die Union in Umfragen bis zu 40 und die SPD 24 Prozent erreicht. „Eine große Koalition ist deshalb nicht sinnvoll, weil damit die SPD nicht den Kanzler stellen kann“, sagte Gabriel. Und weiter: „Weil da kann der Schulz schon mal einpacken, weil dabei wird er dann nicht Kanzler.“

Bei den Sozialdemo­kraten löste das Zitat Furore aus. Für manche war es der nächste Beleg für diverse Seitenhieb­e des Außenminis­ters gegen Schulz. Die Fragen kamen prompt: Glaubt Gabriel etwa nicht mehr an die SPD als stärkste Kraft, nicht mehr an Schulz? Warum macht er jetzt den Peer Steinbrück und sorgt für einen hausgemach­ten Eklat, ausgerechn­et so kurz vor dem wichtigen Fernsehdue­ll zwischen Schulz und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Sonntag?

Die Pressestel­le im Willy-BrandtHaus sah sich aufgrund solcher Debatten im Netz noch gestern Vormittag genötigt, eine eilige „Richtigste­llung“Gabriels zu verschicke­n. Darin nannte er derlei Interpreta­tionen „Unsinn“. Das Rennen um das Kanzleramt sei „völlig offen“. Mit Blick auf das TV-Duell sagte Gabriel: „Ich weiß, dass Martin Schulz dort seine Chance vor einem Millionenp­ublikum nutzen wird.“Er gab sich also betont zuversicht­lich – und legte bei der Deutschen PresseAgen­tur und im „Spiegel“nach: „Die letzten Wochen und Monate haben doch gerade gezeigt, dass auch die SPD die Chance hat, vor CDU und CSU zu liegen“, gab Gabriel zu Protokoll.

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