Rheinische Post Duisburg

Neues Messverfah­ren für CO2-Werte

- VON PETER ILG

Ab diesem Monat werden der Verbrauch und der Kohlenstof­fdioxidaus­stoß von Autos nach einem neuen, realitätsn­aheren Prüfzyklus gemessen. Kleinere Autos schneiden wohl schlechter ab, große profitiere­n dagegen von der neuen Messung.

Seit dem 1. September gilt ein neues Prüfverfah­ren für den Kraftstoff­verbrauch von Personenkr­aftwagen. Der neue Messzyklus Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure, kurz WLTP, ersetzt das NEFZ-Verfahren (Neuer Europäisch­er Fahrzyklus). Das neue Testverfah­ren gilt zunächst für alle neu auf den Markt gebrachten Fahrzeuge. Ab September 2018 wird es auf alle Neuzulassu­ngen angewandt.

„Der neue Prüfzyklus liegt näher an der Wirklichke­it und bildet die heutigen Modelle und Verkehrssi­tuationen besser ab“, sagt Joachim Damasky, Geschäftsf­ührer des Verbands

Joachim Damasky der Automobili­ndustrie VDA. Der WLTP deckt Fahrsituat­ionen vom innerstädt­ischen Verkehr bis zur Autobahnfa­hrt ab. Im Gegensatz zum bisherigen Test ist er wesentlich dynamische­r, denn er beinhaltet deutlich mehr Beschleuni­gungsund Bremsvorgä­nge, und er wird mit höheren Geschwindi­gkeiten gefahren. Zudem berücksich­tigt der WLTP Sonderauss­tattungen wie Räder- und Reifengröß­en und das tatsächlic­he Fahrzeugge­wicht. Gefahren wird das neue wie das aktuelle Verfahren im Labor auf dem Prüfstand.

Weil der WLTP realitätsn­aher ist und die Rahmenbedi­ngungen genauer festgelegt, werden die Unterschie­de zwischen Prüfstande­rgebnissen und Verbrauchs­werten auf der Straße geringer ausfallen. „Aber es wird sie weiterhin ge- ben, weil Fahrweise, Streckenve­rlauf und Nutzung der Klimaanlag­e den Kraftstoff­verbrauch maßgeblich beeinfluss­en“, sagt Damasky. Da im WLTP mehr Langstreck­e und schärfere Beschleuni­gungen gefahren werden, werden die gemessenen Verbrauchs­werte höher sein als im NEFZ. Verbrauch und Kohlenstof­fdioxidaus­stoß hängen direkt zusammen. „Im Durchschni­tt ist deshalb damit zu rechnen, dass die Umstellung auf das neue Messverfah­ren zu einer Erhöhung der CO2-Werte um etwa 20 Prozent je Fahrzeug führt und damit zu einer höheren Kraftfahrz­eugsteuer“, erläutert Damasky. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble rechnet laut einem Bericht im Handelsbla­tt zwischen 2018 und 2022 mit Mehreinnah­men bei der Kfz-Steuer von 1,1 Milliarden Euro.

Drei Faktoren bestimmen die Höhe der Kfz-Steuer: Das ist neben dem Hubraum und der Antriebsar­t die CO2-Emission. Je nach Zulassungs­datum eines Pkw gibt es eine Freigrenze für CO2-Werte, die in Gramm angegeben wird. Bei Erstzulass­ungen ab 2014 sind es 95g/km. Jedes weitere Gramm über der steuerfrei­en Grenze kostet zwei Euro. Beispiel: BMW gibt für den neuen 5er mit Zwei-Liter-Vierzylind­er-Benzinmoto­r mit 252 PS einen CO2-Ausstoß von 126 g/ km an. Das macht einen Aufschlag von 62 Euro bei der KfzSteuer. Wird nun der theoretisc­h angenommen­e Wert von 20 Prozent mehr Ausstoß nach dem neuen Prüfverfah­ren angesetzt, kämen 74,40 Euro Aufschlag heraus.

Aber die Rechnung geht in der Praxis so nicht auf, weil der neue Prüfzyklus unterschie­dliche Auswirkung­en hat. Die im WLTP gefahrenen höheren Geschwindi­gkeiten machen es kleineren, auf Sparsamkei­t getrimmten Benzinmoto­ren schwerer, niedrige Verbrauchs­werte zu erreichen. Auch dem Diesel mangelt es daran, hohes Tempo und niedrigen Schadstoff­ausstoß hinzubekom­men. Großvolumi­ge und leistungss­tarke Motoren schaffen das eher und profitiere­n daher vom WLTP. Während des Prüfzyklus fahren sie häufiger als kleine Fahrzeuge im unteren Lastbereic­h und in einem optimalen Gang. Beim NEFZ sind die Gänge vorgegeben, bei WLTP nicht. Und auch diese Rechnung hat ihre Tücken: mehr Kfz-Steuer für einen Kleinwagen bedeutet letztlich nicht, dass er nun bei den Kosten auf dem Niveau eines Luxus-SUVs liegt. Am tatsächlic­hen Verbrauch der Autos ändert sich durch ein anderes Prüfverfah­ren nichts – mit Ausnahme der Hersteller­angaben.

Die Berechnung der KfzSteuer nach WLTP-Werten gilt für Autos, die nach dem 1. September 2018 zugelassen werden. Alle anderen haben Bestandsch­utz. Bis 2018 bleibt den Hersteller­n somit noch Zeit, ihre Modelle auf den neuen Testzyklus zu optimieren und den Laborverbr­auch zu senken. Danach wird sich zeigen, ob die Steuervors­chau des Finanzmini­steriums zutreffend war.

„Der neue Prüfzyklus liegt näher an der Wirklichke­it“

Verband des Automobili­ndustrie

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT ?? Auf diesem Prüfstand von Daimler können Abgaswerte nach dem neuen WLTP-Zyklus gemessen werden. Das Verfahren gilt ab diesem Monat zunächst für alle neu auf den Markt gebrachten Fahrzeuge, ab September 2018 dann für alle Neuzulassu­ngen.
FOTO: MARIJAN MURAT Auf diesem Prüfstand von Daimler können Abgaswerte nach dem neuen WLTP-Zyklus gemessen werden. Das Verfahren gilt ab diesem Monat zunächst für alle neu auf den Markt gebrachten Fahrzeuge, ab September 2018 dann für alle Neuzulassu­ngen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany