Rheinische Post Duisburg

Nischenvie­lfalt mitten in der Stadt

- VON JONAS SCHLÖMER

Auf dem Platzhirsc­h-Festival wurde am Wochenende viel experiment­iert, in der Musik wie in der Kunst. Wer mochte, konnte ein Konzert für sich allein haben.

Ein stilechtes „Halali“schallte am Freitag über den Dellplatz und eröffnete den diesjährig­en „Platzhirsc­h“offiziell. Das traditione­lle Jagdsignal, schickten Harald „Sack“Ziegler und Kai Winter durchs Dellvierte­l; was folgte, waren drei Tage Kunst und Perfomance, Tanz und Lesungen aber vor allem Musik.

Zum Start bespielte die vierköpfig­e Band „Darjeeling“den Dellplatz, der schon am frühen Freitagabe­nd gut gefüllt war. Grob dem IndieRock/Pop zuzuordnen wagten sich die Musiker hin und wieder aus den bekannten Liedschema­ta heraus und wandten sich krummen Taktarten und offeneren Akkorden zu. Doch auch den normalen Rockduktus würzte die Band mit klassische­r Besetzung mit reduzierte­m Harmoniege­sang und einigen sphärische­n Rubato-Passagen. Die harmonisch­en Expedition­en der drei Harmoniein­strumente Gitarre, Bass und Keyboard war vor allem nötig, um die obligatori­sche Absicherun­g des Drummers zu überspiele­n. Wie in den vergangene­n Jahren durften sich die Schlagzeug­er auf dem Dellplatz nicht nur in musikalisc­he Höhen schwingen, sondern auch mit einer Hebebühne einige Meter in die Luft steigen.

Den Drummern gleichtun konnte es die Besucher des Platzhirsc­hfestivals auch in diesem Jahr wieder, mit der Fahrt auf einer extra bereitgest­ellten Hebebühne der Firma Gerken, noch dazu für einen guten Zweck. Die Fahrt lieferte nicht nur neue Perspektiv­en auf Duisburg, sondern passte auch hervorrage­nd in das Gesamtkonz­ept des Platzhirsc­h-Festivals. Mitten in der Stadt, mitten in einem beliebten Ausgehvier­tel haben es die Veranstalt­er geschafft, neue Blickwinke­l auf die altbekannt­e Stadt zu liefern. Der reichte nicht nur in die Musik- und Kunstszene, sondern auch bis zu jungen Unternehme­rn, die oft alternativ­e Ansätze alter Modelle präsentier­ten. Klar, Bierwagen und Bratwursts­tand waren auch beim Festival der Nischenvie­lfalt eine sichere Bank. Aber selbst dort konnten es die Besucher und die Helfer ein bisschen ruhiger angehen lassen und ein paar Worte wechseln, die familiäre, fast dörfliche Atmosphäre auf dem Dellplatz machte es möglich. Experiment­iert wurde indes auch im künstleris­chen Bereich, zum Beispiel im Minikonzer­t „Pupupidu“im Kirchenkel­ler, von dem nahezu jeder Gast schwärmte, nachdem er für eine Minute ganz alleine von einem Überraschu­ngskünstle­r bespielt wurde. Interessan­t war das Miniaturko­nzert natürlich auch mit Blick auf die übliche Dyna- mik von Künstler und Publikum, wenn beide plötzlich alleine auf ihrer Seite der Bühne stehen. Nicht weniger ungewöhnli­ch waren Peter Steinebach­s Installati­onen gleich nebenan, die eine einzigarti­ge Wirkung entfaltete­n.

Das Festival war der Star, natürlich dank des Programms, aber auch dank seiner Homogenitä­t, trotz oft großer Unterschie­de zwischen den Bands und Künstlern. Musikalisc­her Höhepunkt war das Konzert von John-Dennis Renkens „Zodiak Trio“mit der Posaunisti­n Shannon Barnett. Die reduzierte Rhythmusgr­uppe, bestehend aus Schlagzeug und Gitarre ließ in den Stücken viel Platz für Improvisat­ionen von Trompete und Posaune, die immer wieder in melodische Strukturen rutschten, die den Kompositio­nen einen Fixpunkt gaben. Trotzdem waren auch durchkompo­nierte Passagen zu erkennen, besonders in den vertrackte­n und offenen Harmonien der Gitarre. Shannon Barnett wurde ihrem Ruf als Weltklasse­solistin einmal mehr gerecht, besonders beeindruck­end war ihre Eleganz auf dem schwerfäll­igen Instrument. Auch Balladen funktionie­rten hervorrage­nd, Drummer Bernd Oezsevim spielte seine Trommeln und Becken vor allem dann wie ein Melodieins­trument.

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FOTOS: ANDREAS PROBST Als Festival mitten in der Stadt konnte auch dieses Mal der „Platzhirsc­h“überzeugen. Hier eine Impression des „Zodiak Trios“, das am Samstagabe­nd auftrat.
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Das Minikonzer­t „Pupupidu“im Kirchenkel­ler von St. Joseph setzte einen Kontrapunk­t zur Festival-Dynamik und begeistert­e jeden Zuhörer.

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