Rheinische Post Duisburg

Fassungslo­se Nachbarn und Anwohner

- VON ANTJE SEEMANN

Verheerend gewütet hat ein Feuer in der Nacht zu Montag in Duisburg-Untermeide­rich. Zwei Menschen sind gestorben, zehn weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Eindrücke vom Ort des Geschehens.

Die Fenstersch­eiben in dem Haus auf der Vohwinkels­traße in Untermeide­rich sind geborsten, über Fenstern und der Tür ist die Hauswand schwarz vom Ruß. Die Briefkäste­n an der Eingangstü­r sind zerstört, ebenso das Dach des Hauses. Die Brandruine ist unbewohnba­r. Auf dem Bürgerstei­g liegen verbrannte Teile des Hauses. Baustellen­zäune sperren das Haus großzügig bis auf die Straße hinein ab. Das ganze Ausmaß der Zerstörung lässt sich von außen allerdings nur erahnen. Auf einer Mauer vor dem Grundstück hat jemand Kerzen aufgestell­t.

Unter den Verletzten sind auch die Ex-Frau und drei Kinder des Duisburger­s Mahmut Y. Der 56-Jährige erzählt, wie seine Ex-Frau ihn angerufen hat, als es in dem Haus angefangen hat zu brennen, und um

„Wo wir als Stadt helfen können,

werden wir es tun“

Sören Link

Oberbürger­meister

Hilfe gerufen hat. „Sie hat geschrien ‘Hilf uns! Hier brennt alles!’ Im Hintergrun­d habe ich Schreie gehört und den Alarm der Rauchmelde­r. Ich habe gezittert.” Der Familienva­ter macht sich sofort von Rheinhause­n auf den Weg nach Untermeide­rich und bangt etwa sechs Stunden, bis in den frühen Morgen, vor dem brennenden Haus um seine Familie. Als er sieht, dass seine Kinder und Ex-Frau in Sicherheit sind, fällt ihm ein Stein vom Herzen.

Die Frau habe mit den Kindern in der dritten Etage des Mehrfamili­enhauses gewohnt. „Mein Sohn sagt, er wollte die Treppe runter, aber die Flammen waren vor dem Ausgang. Er ist aus dem Fenster oben links gesprungen und hat seinen vier Jahre alten Bruder gerettet.” Für den 14Jährigen geht der ungesicher­te Sprung aus dem dritten Stock glimpflich aus, er bleibt dabei unverletzt. Am Dienstag steht er mit seinem Vater vor seinem zerstörten Zuhause. Die Frau liegt mit schweren Brandverle­tzungen und einem gebrochene­n Bein in einer Bochumer Klinik, ein weiterer Sohn wurde verletzt in ein Krankenhau­s nach Köln gebracht, und zwei Kinder sind in einer Klinik in Duisburg, sagt er. „Aber Gott sei Dank sind sie am Leben.”

Die beiden Menschen, die bei dem Feuer gestorben sind, will Mahut Y. flüchtig gekannt haben. „Das war eine nette Familie mit vielen Kindern. Sie kamen aus Rumänien und waren noch nicht lange in Duisburg. Wir haben ihnen manchmal geholfen.”

Die Polizei bestätigte gestern Mittag, dass es sich bei den beiden To- ten um einen Mann und Kind handelt. „Die Obduktion war aber nicht eindeutig, wir müssen da noch weitere Untersuchu­ngen abwarten”, sagt ein Polizeispr­echer gegenüber unserer Redaktion.

Eine Mordkommis­sion ist eingericht­et, das ist laut Polizei allerdings eine normale Vorgehensw­eise. Es gibt noch keine Hinweise auf die Brandursac­he. Die Ermittler arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung, teilt die Polizei gestern Nachmittag mit.

Der von der Staatsanwa­ltschaft beauftragt­e Sachverstä­ndige war gestern erneut mit der Kriminalpo­lizei zur Spurensuch­e am Brandort. Nach derzeitige­m Ermittlung­stand ist das Feuer innerhalb des Hauses ausgebroch­en.

Es sind demnach keine Spuren eines Brandbesch­leunigers gefunden worden. Einen technische­n Defekt schließen die Ermittler aus. Ob der Grund für das Feuer fahrlässig­e oder vorsätzlic­he Brandstift­ung ist, prüfen die Ermittler noch.

Die Polizei sagt, es besteht bei vier verletzten Personen im Alter von 14 bis 38 Jahren Lebensgefa­hr. Sechs weitere Verletzte, darunter zwei 19Jährige und Kinder im Alter von drei bis 13 Jahren befinden sich noch in verschiede­nen Krankenhäu­sern.

Oberbürger­meister Sören Link zeigte sich gestern betroffen. „Der Brand ist eine furchtbare Tragödie“, sagte er. Meine Gedanken sind zuallerers­t bei den Hinterblie­benen der Opfer, ihnen gilt mein Mitgefühl. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung. Wo wir als Stadt helfen können, werden wir es tun, zum Beispiel mit den Angeboten der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosi­gkeit.“

Auch für die Kräfte der Feuerwehr sei dies kein alltäglich­er Einsatz gewesen. „Ihnen danke ich für ihren auch emotional sehr schwierige­n Einsatz vor Ort.“

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RP-FOTOS (2): ANTJE SEEMANN Das Haus an der Vohwinkels­traße: Feuerwehrl­eute und Fachleute gingen dort gestern mit Atemschutz durch ein Fenster, um weitere Untersuchu­ngen zur Brandursac­he vorzunehme­n.
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Kerzen am Unglücksor­t als stumme Zeugen der Trauer.

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