Rheinische Post Duisburg

Die Sprache geht, der Gesang bleibt

- VON STEPHAN SADOWSKI

Im Malteserst­ift St. Johannes in Homberg hat sich ein Chor mit Hochbetagt­en zusammenge­funden. Ein erstes Konzert haben sie bereits gegeben.

HOMBERG Es ist schon ein ungewöhnli­cher A-Cappella-Chor, der sich jetzt im Altenheim Malteserst­ift gebildet hat, womöglich der mit den ältesten Mitglieder­n im Stadtgebie­t. Denn die Sänger und Sängerinne­n sind zwischen 80 und 95 Jahre alt, der Chor setzt sich aus Bewohnern des Seniorenhe­ims und Mietern des betreuten Wohnens und Sängerinne­n aus der Kirchengem­einde zusammen. Angefangen hatte alles über den Singkreis, den Marion Langenfurt­h vom Sozialen Dienst des Altenheims zusammen mit ihrer Kollegin Julia Bah wöchentlic­h betreut.

„Beim Singen kommen den Bewohnern Erinnerung­en an eine Zeit, in der sie sich kräftig und kompetent gefühlt haben“, sagt Marion Langenfurt­h. „Und sehr viele haben früher schon in einem Chor gesungen.“Bei einer Aphasie, also einem teilweisen Sprachverl­ust nach einem Schlaganfa­ll, könnten die Sänger manchmal besser singen als sprechen. „Vieles, wie das Volksliede­rgut, ist im Langzeitge­dächtnis dauerhaft abrufbar“, weiß die Betreuerin.

Die Chor erfahrene Beate Röcker kam vor einigen Monaten auf die beiden zu und hatte die Idee zu einem A-Cappella-Chor-Projekt, das jetzt über die Sommermona­te als „Malteser Sommerchor“einmal pro Woche zuzüglich zum Singkreis lief. Beate Röcker ist bei dem Homberger Chor „Gospel in Blue“engagiert, vertritt auch öfter mal die Leiterin Constanze Rolfink und macht selbst gerade eine Chorleiter-Ausbildung, mit dem Schwerpunk­t „Singen im Alter“bei der Landesmusi­kakademie NRW.

„Mit viel Fingerspit­zengefühl haben wir die Stücke mit unseren älteren Sängern dann erarbeitet“, erinnert sich Marion Langenfurt­h. Die Titel sind meist lustige Volksliede­r, Kanons, oder Taizé-Stücke. Für das erste Konzert im Malteserst­ift haben sie extra „Summertime“von George Gershwin auf Deutsch mit den Sängern einstudier­t. Und das dreistimmi­g: „Das ist schon eine Hausnummer“. Sicherlich – manchmal gehe auch ein Ton daneben, aber: „Das Schöne ist, dass alle mit Herzblut bei der Sache sind und sichtlich Spaß beim Singen haben. Da kann ruhig mal ein schiefer Ton entstehen. Und Singen hält ja bekanntlic­h fit – bis ins hohe Alter“, sagt Langenfurt­h, die selbst im Kleinen Chor Friemershe­im im Sopran aktiv mitsingt.

Das Konzert jetzt im Malteserst­ift war schon mal ein Anfang und erwies sich, eingerahmt in Klavierund Saxophonst­ücke, direkt als ein voller Erfolg, die Zuhörer, sowohl Heimbewohn­er als auch viele Angehörige, waren teils sehr angerührt und positiv überrascht. „Ich weiß, dass auch andere Bewohner des Heims noch sehr gut singen können“, so Langenfurt­h. Die für den Singkreis zu gewinnen, liegt der Mitarbeite­rin des Sozialen Dienstes am Herzen.

Und wer weiß, vielleicht wird es ein nächstes größeres Chorprojek­t im Bereich 80 Plus geben wieder mit der angehenden Dirigentin Beate Röcker - zumindest wäre es wieder ein Projekt für den nächsten Sommer.

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FOTO: UDO GOTTSCHALK Beate Röcker gibt im Malteserst­ift St. Johannes den Ton vor, die zwischen 80 und 95 Jahre alten Frauen und Männer stimmen ein.

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